Frauen und Corona

 Frauen und Corona


Als im Dezember 2019 die ersten Berichte über eine neuartige Viruserkrankung erschien, die anscheinend von einem Tiermarkt in der chinesischen Stadt Wuhan ausging, rechnete wohl niemand damit, dass diese Krankheit mit dem Namen Covid 19 oder im Volksmund Corona die Welt nun schon seit 2 ½ Jahren in Atem halten und buchstäblich jedes Land in einen mehr oder weniger harten lock down versetzen würde. Bis Mitte April 2022 sind weltweit 507 Millionen infiziert worden und 6,2 Millionen Menschen verstorben. Zahlreiche internationale Wissenschaftler haben sich um die Diagnostik, Therapie und die Entwicklung von Impfstoffen bemüht. Alles geschah in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit, um die Gesellschaften vor weiteren wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen zu bewahren. Trotzdem ist der genaue Ablauf der Infektion und was das Virus im Körper anrichtet immer noch nicht richtig verstanden. Vor allem der Übergang in ein Long Covid Syndrom mit seinen über 200 möglichen Symptomen ist immer noch rätselhaft, wird aber noch erhebliche Auswirkungen auf die Gesellschaft und das Gesundheitswesen haben, da vor allem junge Menschen zwischen 20 und 50 Jahren monatelang, wenn nicht für immer, arbeitsunfähig oder sogar pflegebedürftig werden. Bis zu 40% der Infizierten geben Long Covid-artige Beschwerden an, die über mindestens 6 Monate andauern (Gutenberg-Studie der Uniklinik Mainz, bevölkerungsrepräsentativ mit über 10.000 Teilnehmern, davon 5% infiziert). Meist wurden die Erkenntnisse nur über statistische Beobachtungen gewonnen, ohne dass man sie logisch herleiten konnte.

Gibt es Unterschiede der Infektion und Erkrankung zwischen Männern und Frauen?

Leider wird das Geschlecht nur in sehr wenigen Studien berücksichtigt.

Insgesamt ergibt sich, dass Frauen und Männer prinzipiell dasselbe Risiko haben, sich zu infizieren. Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sind allerdings mehr als 75% der systemrelevanten Berufe im Gesundheits- und Erziehungswesen von Frauen bekleidet, sodass diese ein erhöhtes Infektionsrisiko im beruflichen Umfeld haben. Männer haben demgegenüber oft schwerere Verläufe und ein höheres Sterberisiko, da Rauchen, Alkohol, Fettsucht usw bei Ihnen häufiger vorkommen und Risikofaktoren für eine heftigere Erkrankung sind. Es ist noch unbekannt, ob auch hormonelle Faktoren eine Rolle spielen.

Oben wurden bereits die Folgen des häufigen Übergangs in ein Long Covid Syndrom erwähnt. Bei anhaltenden Beschwerden über 4 Wochen hinaus spricht man von Long Covid. Dauert es länger als 3 Monate, hat man Post Covid. Diese noch völlig ungeklärte Entwicklung betrifft vor allem Menschen im aktivsten Alter, Frauen scheinen bis zu 3 mal häufiger betroffen zu sein als Männer. Dadurch wird der produktivste Teil der Gesellschaft jäh aus dem allgemeinen Leben gerissen.

Corona Infektion in der Schwangerschaft und Stillzeit

Ein Ärzteteam in Seattle unter der Leitung von Dr. Samantha Piekos hat untersucht, welche Auswirkungen eine Infektion mit Corona in den drei Schwangerschaftsdritteln hat. Dazu wurden 74.000 Frauen untersucht, von denen 19.796  ungeimpft waren und niemals einen positiven Test hatten.

882 Schwangere hatten eine Covid-Infektion und erlitten milde bis mittelschwere Verläufe. Vor allem bei einer Infektion im 1. oder 2. Schwangerschaftsdrittel traten häufiger Früh- und Totgeburten auf als bei den nicht-infizierten Müttern. Je früher die Infektion auftrat, umso kürzer war die Dauer der Schwangerschaft.

Bei einer späteren Infektion im 3. Drittel erhöhte sich hauptsächlich das Risiko für ein untergewichtiges Kind im Vergleich zu Nicht-erkrankten bei gleicher Schwangerschaftsdauer.

Eine SARS-CoV-2-Infektion stellt also auch bei leichtem Verlauf bei der Mutter immer ein Risiko für das Kind dar. Umso wichtiger ist die Impfempfehlung für Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch.

Quelle: Piekos SN, Roper RT, Hwang YM, Sorensen T, Price ND, Hood L, et al. The effect of maternal SARS-CoV-2 infection timing on birth outcomes: a retrospective multicentre cohort study. The Lancet Digital Health 2021.

In der Muttermilch findet man zwar genetisches, aber kein infektiöses Restmaterial des Coronavirus. Bei bestehendem Impfschutz werden schützende Antikörper über die Plazenta und die Muttermilch weitergegeben. Es kann und sollte also gestillt werden unter Beachtung der empfohlenen Hygienemassnahmen.

Corona Impfung und die Fruchtbarkeit

Dr. Amelia K. Wesselink und ihr Team suchten nach Zusammenhängen zwischen Corona-Impfung, SARS-CoV-2-Infektionen und Fruchtbarkeit. Dazu wurden 2126 Paare mit Kinderwunsch untersucht, die eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege anstrebten.

58% der Frauen und 78% der Männer waren mindestens einmal geimpft, meist mit Biontech oder Moderna. Ansonsten waren die Paare bezüglich aller Faktoren wie Alter, Bildung, Gesundheitsfaktoren und Sexhäufigkeit vergleichbar.

Untersucht wurde die Zykluslänge der Frau und die Dauer bis zur Empfängnis. Weder bei den Frauen noch bei den Männern gab es signifikante Unterschiede zwischen den Geimpften und den Ungeimpften.

Bei den infizierten Männern sank jedoch die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer Schwangerschaft bei der Partnerin sehr schnell ab. Erst nach 60 Tagen erreichten sie wieder dieselbe Fruchtbarkeit wie vorher.

Quelle: Wesselink AK et al. A prospective cohort study of COVID-19 vaccination, SARS-CoV-2 infection, and fertility. American Journal of Epidemiology (2022). DOI: 10.1093/aje/kwac011

Zur allgemeinen Verunsicherung hat sicherlich beigetragen, dass in  anderen Studien aus den USA und Norwegen bei 10% der Frauen eine Verschiebung des Zyklus um bis zu 8 Tagen nachgewiesen wurde, wenn die beiden Impfungen innerhalb eines Zyklus verabreicht wurden, was z.B. bei dem Biontech Impfstoff mit 21 Tagen Impfabstand ohne weiteres möglich ist. Diese Verschiebung ließ sich aber 2 Monate später nicht mehr beobachten. Es ist auch von anderen Impfungen bekannt, dass der "Impf Stress" zu vorübergehenden leichten Zyklusverschiebungen führen kann. Es werden weitere Untersuchungen zu dieser Fragestellung durchgeführt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass eine Einschränkung der Fruchtbarkeit nicht nachgewiesen ist und die Erkrankung weitaus schwerwiegende Folgen hat als die Impfung. Deshalb kann die Impfung gegen Covid 19 uneingeschränkt auch Schwangeren, Stillenden und Frauen mit Kinderwunsch empfohlen werden.

Welche gesellschaftlichen Folgen hat die Corona-Pandemie für Frauen?

In fast allen Ländern wurden im Rahmen des lock downs die Schulen geschlossen.

1,5 Milliarden Kinder konnten nicht zur Schule gehen. Ein Online Unterricht war nur in entwickelten Ländern verfügbar. So entstand eine Bildungslücke vor allem in den ärmeren Ländern, wodurch vor allem Mädchen wiederum überproportional betroffen waren. Da den Eltern oft das Verständnis für die Wichtigkeit einer guten Ausbildung fehlte und auch aus wirtschaftlicher Not heraus, wurden Mädchen jünger verheiratet und damit stieg auch die Schwangerschaftsrate bei Jugendlichen. Im Rahmen der Ebola-Epidemie  in Westafrika wurden 2014 - 2016 65% mehr Schwangerschaften bei Jugendlichen erhoben.

Die Mehrfachbelastung durch Haushalt, Beruf, Betreuung der Kinder beim home schooling und gegebenenfalls Pflege von Erkrankten betraf vor allem Frauen.

Während des lock downs gab es deutlich mehr Fälle häuslicher Gewalt, unter der vor allem Frauen litten.

Zusammenfassend muss man sagen, dass Frauen durch spezielle berufliche Risiken als Pflegerinnen, Erzieherinnen, Lehrerinnen, Verkäuferinnen usw., durch ihre Tätigkeit in der häuslichen Pflege und Unterrichtung und der trotz milderer Verläufe höheren Risikos eines Long Covid Syndroms in besonderer Weise durch die Pandemie beeinträchtigt wurden.

 

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