Was ist ein vorzeitiger Samenerguss?
Ein vorzeitiger Samenerguss, auch bekannt als vorzeitige Ejakulation (lat. Ejaculatio praecox), ist die häufigste sexuelle Funktionsstörung bei Männern. Bei einer vorzeitigen Ejakulation lässt sich der Höhepunkt samt Samenerguss bereits nach kurzer sexueller Stimulation nicht mehr zurückhalten. Dies beeinträchtigt das sexuelle Erlebnis und kann zu Unzufriedenheit auf beiden Seiten in der Partnerschaft führen.
Die genauen Ursachen für den vorzeitigen Samenerguss sind oft komplex und können sowohl physische als auch psychische Gründe haben. Vor allem bei jungen, sexuell unerfahrenen Männern ist eine vorzeitige Ejakulation häufig und kein Grund zur Sorge. Zum Problem wird es erst dann, wenn der vorzeitige Erguss chronisch ist und der Betroffene keine Kontrolle darüber hat. 20% der Männer unter 60 Jahren geben an, unter vorzeitigem Samenerguss zu leiden. Statistisch gesehen ist also einer von fünf Männern von einer vorzeitigen Ejakulation betroffen, wobei die Dunkelziffer wahrscheinlich höher ist. Auch 28% der Männer zwischen 65 und 75 Jahren sind davon betroffen, jedoch suchen lediglich 10% der Betroffenen Hilfe auf.
Hier ist es wichtig zu erwähnen: Der vorzeitige Samenerguss ist ein behandelbares Problem, für welches Hilfe verfügbar ist.
Arten von Ejakulationsstörungen
Es können zwei Arten von Ejakulationsstörungen beim Mann unterschieden werden: Die primäre (lebenslange) und sekundäre (im Laufe des Lebens erworbene) Ejakulationsstörung.
Lebenslanger (primärer) vorzeitiger Samenerguss
Die primäre Ejakulationsstörung tritt auf, wenn ein Mann seit Beginn seines sexuell aktiven Lebens Schwierigkeiten hat, eine normale Ejakulation zu erreichen. Hierbei ejakulieren die Betroffenen schon bei den ersten sexuellen Erlebnissen zu früh, unabhängig von Partner/-in und/oder Situation.
Die genauen Ursachen für die primäre Ejakulationsstörung sind nicht vollständig geklärt, können jedoch sowohl psychische als auch physische Ursachen haben. Im Vergleich kommt die primäre, lebenslange Ejakulationsstörung wesentlich häufiger vor als die sekundäre, erworbene Ejakulationsstörung.
Erworbener (sekundärer) vorzeitiger Samenerguss
Die sekundäre Ejakulationsstörung tritt an einem beliebigen Punkt im Leben eines Mannes auf. Die zuvor normale Ejakulation kann sich aufgrund von verschiedenen Ursachen ändern. Diese Art der Ejakulationsstörung ist nicht zwingend dauerhaft angelegt. Zu den möglichen Ursachen für sekundäre Ejakulationsstörungen beim Mann gehören körperliche Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Prostataerkrankungen oder neurologische Störungen. Psychische Faktoren wie Stress, Angstzustände oder Beziehungsprobleme können auch eine Rolle spielen. Zusätzlich können Nebenwirkungen von Medikamenten oder Drogenmissbrauch zu sekundären Ejakulationsstörungen führen.
Symptome eines vorzeitigen Samenergusses
Hier sind die wichtigsten Anzeichen einer vorzeitigen Ejakulation:
Eine kurze intravaginale Ejakulationslatenzzeit (IELT):
Die IELT bezieht sich auf die Zeit zwischen dem Eindringen in die Vagina und dem Auftreten der Ejakulation. Bei einem vorzeitigen Samenerguss ist die IELT sehr kurz und liegt regelmäßig unter einer Minute. Diese kurze Zeitspanne kann als unzureichend empfunden werden, um sexuelle Befriedigung zu erreichen.
Gefühl mangelnder Kontrolle:
Ein weiteres, häufiges Symptom eines vorzeitigen Samenergusses ist der Verlust der Kontrolle über den Zeitpunkt der Ejakulation. Männer haben bei der vorzeitigen Ejakulation Schwierigkeiten, die Ejakulation hinauszuzögern, selbst wenn sie dies wünschen. Der Ejakulationsreflex tritt unwillkürlich und unkontrollierbar auf, was zu Frustration und Unzufriedenheit führen kann.
Stress und psychische Belastung:
Vorzeitiger Samenerguss kann auch mit starkem Stress und psychischer Belastung einhergehen. Männer, die unter diesem Problem leiden, können Angst haben, dass es bei sexuellen Begegnungen erneut dazu kommt. Diese Ängste können zu Leistungsdruck führen und somit die sexuelle Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, so dass sogar eine erektile Dysfunktion entstehen kann. All das kann negative Folgen auf eine Beziehung und das allgemeine Wohlbefinden haben.
Ursachen eines vorzeitigen Samenergusses
Die genauen Ursachen eines vorzeitigen Samenergusses sind oft nicht genau definierbar. Meist sind es jedoch neurologische oder psychische Ursachen, wie auch eine Kombination aus beidem.
Psychische Ursachen:
- Stress
- Depressionen
- Angst
- Aufregung
- Leistungsdruck beim Sex
- Kindheitstrauma
- Schuldgefühle
- Beziehungsprobleme
Körperliche Ursachen:
- Genetische Faktoren
- Erhöhte Empfindlichkeit des Penis
- Hypersensibilität (5-Hydroxytryptamin-Rezeptor-Dysfunktion)
- Endokrine Ursachen: Diabetes, Hyperthyreose, niedriger Vitamin-B12-Spiegel
- Hormonstörungen (Schilddrüsenprobleme, Störung des Testosteronhaushalts)
- Urologische Erkrankungen: z.B. Prostatitis
- Neurogene Erkrankungen: z.B. Multiple Sklerose, periphere Neuropathien und medulläre Erweiterungsprozesse
- Chronische Niereninsuffizienz
- Sexuelle Dysfunktion: erektile Dysfunktion und verminderte Libido
- Alkohol und Drogenkonsum
Für wen besteht das Risiko eines vorzeitigen Samenergusses?
Das Risiko eines vorzeitigen Samenergusses kann bei Männern verschiedener Bevölkerungsgruppen bestehen. Die Risikofaktoren umfassen sowohl psychologische als auch biologische Bereiche.
- Männer mit Erektionsstörungen haben ein erhöhtes Risiko, da die Angst um die Aufrechterhaltung einer Erektion zu einer beschleunigten Ejakulation führen kann.
- Männer unter Stress: Psychologische Stressfaktoren, darunter Leistungsangst, Stress in verschiedenen Lebensbereichen und Beziehungsprobleme, tragen ebenfalls erheblich zur vorzeitigen Ejakulation bei.
- Männer mit hormonellem Ungleichgewicht und unregelmäßigen Neurotransmitterwerten: Beide biologischen Faktoren können die sexuelle Funktion beeinträchtigen.
- Männer mit bestimmten Erkrankungen: Entzündungen oder Infektionen der Prostata oder der Harnröhre können ebenfalls zu einem vorzeitigen Samenerguss beitragen. Es wurde auch festgestellt, dass Männer mit einem Penis, der besonders empfindlich auf Stimulation reagiert, eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine vorzeitige Ejakulation haben.
Interessanterweise ist das Alter kein Ausschlusskriterium für das Risiko eines vorzeitigen Samenergusses: Etwa jeder fünfte Mann im Alter zwischen 18 und 59 Jahren berichtet von einem solchen Vorfall. Diese breite Altersspanne unterstreicht die Tatsache, dass die vorzeitige Ejakulation nicht auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe beschränkt ist, sondern in der gesamten männlichen Bevölkerung vorkommt.
Therapie des vorzeitigen Samenergusses
Die Therapie des vorzeitigen Samenergusses umfasst verschiedene Ansätze, die darauf abzielen, die Ejakulationskontrolle und die sexuelle Zufriedenheit zu verbessern. Hier sind einige der häufig verwendeten Behandlungsmethoden, die als Lösungsansatz bei einem vorzeitigen Samenerguss dienen können:
Übungen und Techniken:
Verschiedene Übungen und Techniken können dabei helfen, die Ejakulationskontrolle zu verbessern. Beispiele hierfür sind die "Start-Stopp-Methode", bei der der Penis bis kurz vor dem Höhepunkt stimuliert wird und dann eine Pause gemacht wird, bis der Drang zum Samenerguss vorüber ist. Eine weitere Möglichkeit, um die Ejakulation zu verzögern, ist die "Squeeze-Technik". Hierbei soll der Ejakulationsreflex durch das gezielte Pressen bestimmter Stellen am Penis, wie Schaft oder kurz unterhalb der Eichel, wirksam verzögert und/ oder unterbrochen werden. Ein gezieltes Beckenbodenmuskeltraining kann ebenfalls hilfreich sein, um die Kontrolle über die Ejakulation zu stärken. Eine Liste von möglichen Übungen und Techniken sieht wie folgt aus:
- Ausgedehntes Vorspiel
- Präkoitale Selbstbefriedigung
- "Stopp-Start" Techniken
- "Squeeze"-Techniken
- Verwendung von mehreren Kondomen
- Beckenbodentraining
- Abwechselnde Sexstellungen
- Intervall-Sex
- Erhöhung der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs
Psychologische Behandlung des vorzeitigen Samenergusses:
- Psychosoziale Beratung
- Psychotherapie
- Meditation/Entspannung, Hypnotherapie
- Kognitive Ablenkung
Medikamente:
Eine Reihe von Medikamenten hat sich bei der Behandlung der vorzeitigen Ejakulation als vielversprechend erwiesen. Welches jedoch hilft, hängt von individuellen Voraussetzungen ab. Gegenwärtig ist nur ein Medikament mit dem aktiven Wirkstoff Dapoxetin für die Behandlung einer vorzeitigen Ejakulation zugelassen. Die anderen im Folgenden genannten Medikamente können gegen vorzeitigen Samenerguss ebenfalls eingesetzt werden, sind jedoch Off-Label-Behandlungen, also Medikamente die zulassungsüberscheitend angewendet werden. [29]
- Dapoxetin
- Oberflächenanästhesie, wie Cremes mit einem Lokalanästhetikum
- Tramadol
- Trizyklische Antidepressiva (TCA): z.B. Clomipramin
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs): z.B. Paroxetin, Fluoxetin, Serta-Linie
- PDE-5-Hemmer
Naturheilmittel:
Manche Männer ziehen es jedoch vor, die vorzeitige Ejakulation auf natürliche Art und Weise zu behandeln. Es gibt verschiedene pflanzliche und natürliche Mittel gegen vorzeitigen Samenerguss, die angeben, die Ejakulationskontrolle zu verbessern. Auch die Akupunktur wird als nicht medikamentöse Behandlung eingesetzt. Da es für all diese Naturheilmittel gegen vorzeitigen Samenerguss keine solide Evidenzbasis gibt, ist es sehr wichtig, diese nicht ohne Rücksprache mit einem/einer Arzt/Ärztin einzunehmen bzw. anzuwenden.
Chirurgische Eingriffe:
In einigen seltenen Fällen kann ein chirurgischer Eingriff, um den vorzeitigen Samenerguss zu behandeln, erwogen werden. Dazu muss jedoch ausgeschlossen sein, dass keine anderen Erkrankungen vorliegen, der vorzeitige Samenerguss eindeutig ein lebenslanger (primärer) ist und eine Operation hier tatsächlich Abhilfe schafft.
Chirurgische Eingriffe sollten jedoch nur als letzte Option in Betracht gezogen werden und bergen potenzielle Risiken und Komplikationen.
Aufkommende Behandlungen für vorzeitige Ejakulation:
- Beschneidung
- Neuromodulation
- Botulismus-Toxin-Injektion
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Kann man vorzeitigen Samenerguss verhindern?
Viele Männer fragen sich, ob man vorzeitigen Samenerguss verhindern oder vorbeugen kann. Hier sind einige mögliche Ansätze:
Verwendung von Techniken zur Ejakulationskontrolle:
Es gibt verschiedene Techniken, die helfen können, die Ejakulationskontrolle zu verbessern und den vorzeitigen Samenerguss zu verhindern. Dazu gehören die "Start-Stopp-Methode", sowie die "Squeeze-Technik".
Start-Stopp Trick
Diese Methode wird am häufigsten angewendet und ist einfach umzusetzen: Der Penis wird so lange stimuliert, bis er kurz vor der Ejakulation steht, dann wird die Stimulation für 30-60 Sekunden ausgesetzt, bis der Mann wieder die Kontrolle über die Situation hat.
Squeeze Trick
Hier wird der Penis kurz vor dem Samenerguss zwischen Eichel und Schaft gedrückt. Diese Technik soll helfen, den Punkt mit der höchsten Sensibilität zu erkennen, um eine vorzeitige Ejakulation zu verzögern.
Entspannungstechniken und Stressbewältigung:
Stress und Angst können zu einer vorzeitigen Ejakulation beitragen. Daher kann das Erlernen von Entspannungstechniken wie Tiefenatmung, progressive Muskelentspannung oder Meditation dazu beitragen, die Stressreaktion zu verringern und eine Lösung für den vorzeitigen Samenerguss zu bieten. Eine gute Stressbewältigung kann auch die allgemeine sexuelle Zufriedenheit erhöhen.
Gesunde Lebensweise und ausgewogene Ernährung:
Eine gesunde Lebensweise kann grundsätzlich dazu beitragen, die sexuelle und allgemeine Gesundheit zu verbessern. Regelmäßige körperliche Aktivität, ausreichend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung sind wichtig, um den Körper und das Nervensystem zu unterstützen. Einige Studien deuten auch darauf hin, dass eine ausreichende Zufuhr von Magnesium dazu beitragen kann, einen vorzeitigen Samenerguss zu verhindern. Magnesiumreiche Lebensmittel umfassen Nüsse, Samen, grünes Blattgemüse und Vollkornprodukte.
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