Männergesundheit


Der Mann als Vorsorgemuffel

Die Faktenlage ist eindeutig: Männer nehmen seltener Vorsorgeuntersuchungen wahr als Frauen. Bei allen angebotenen Früherkennungsuntersuchungen wie dem allgemeinen Check-up ab 35 Jahren oder das Hautkrebs-Screening sowie den Untersuchungen auf Darmkrebs durch eine Stuhlprobe oder eine Darmspiegelung haben die Frauen die Nase vorn. Regelmäßig zum Urologen geht nur jeder Fünfte Mann ab 45 Jahren.


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Der Hintergrund mag eine Mischung aus fehlender Risikokompetenz, kurzsichtigem Denken und Verdrängungsmechanismen sein. Einfache und offensichtliche Zusammenhänge zwischen Verhaltensweisen wie Rauchen, übermäßigem Essen und Trinken, mangelnder Bewegung, intensivem Sonnenbaden, Stress und auftretenden Krankheiten werden beharrlich geleugnet. Viele Männer betreiben eine Art Vogel-Strauss-Taktik: Kopf in den Sand stecken und nichts sehen und hören wollen. Erst wenn etwas kaputt ist, lässt man es reparieren. Also eher Reparaturmedizin als Vorsorgemedizin.


Die Arztbesuch-Ausredenliste

Und so entwickelt der Mann Vermeidungsstrategien: Auf der Arztbesuch-Ausredenliste findet sich Zeitmangel auf Platz eins, gefolgt von Angst vor einer schlechten Diagnose und Respekt vor der Prostatauntersuchung mit dem Finger. Drei von vier Männern haben zwar laut Befragungen ausgeprägte Krankheitsängste, lassen aber dennoch die angebotenen Untersuchungen aus Angst vor einer schlimmen Diagnose und den daraus folgenden Konsequenzen nicht durchführen. Krankheit bedeutet schließlich Schwäche und das passt nicht in das Rollenverständnis eines starken Mannes. Viele Männer suchen erst dann ärztlichen Rat, wenn ein Freund oder Verwandter erkrankt ist oder die Ehefrau ihn drängt. Zudem verfügen Männer insgesamt über ein geringeres Gesundheitswissen als Frauen, haben häufiger chronische Krankheiten und pflegen einen anderen Umgang damit. In der Summe resultiert daraus eine um fünf Jahre kürzere Lebenserwartung gegenüber den Frauen.

Diesem Trend entgegen wirken gute Medienkampagnen, die derzeit auch in sozialen Netzwerken das Gesundheitsbewusstsein der Männer schärfen. Auch seriöse Facharzt-Beratungsportale leisten hier wertvolle Aufklärungsarbeit.


Warnsignale des Körpers wahrnehmen

Der Körper sendet uns ständig Signale, offenbar hören wir Männer sie aber leider nicht immer früh genug. Ein klassisches Beispiel auf psychischer Ebene ist das Burn-out-Syndrom.

Auch auf rein organischer Ebene können beispielsweise Müdigkeit und Konzentrationsschwäche tagsüber oder auffälliges Schnarchen nachts auf Atemstörungen im Schlaf wie das Schlafapnoe-Syndrom hindeuten. Hartnäckiger Husten muss immer abgeklärt werden, insbesondere bei Rauchern. Jegliche Änderung im Stuhlverhalten oder Blutbeimengungen sollten untersucht werden. Häufiges Wasserlassen oder Blut im Urin lassen an Krankheiten der Prostata, Blase oder Nieren denken.

Eine Potenzstörung kann ein erster wichtiger Hinweis auf die Entwicklung von Durchblutungsstörungen sein, woraus sich dann auf Gefäßschäden an anderen Organen wie Herz oder Gehirn schließen lässt. Die Erektionsstörung geht mit ihren Symptomen beispielsweise einem Herzinfarkt oder Schlaganfall im Mittel zwei bis drei Jahre voraus.

Ziel der Vorsorge muss es aber sein, Krankheiten zu erkennen, bevor diese Symptome machen, weil dann die Heilungschancen wesentlich höher sind. Beste Beispiele sind hier Darm- und Prostatakrebs.


Was kann man selbst untersuchen?

Junge Männer bis 40 Jahre sollten etwa monatlich ihre Hoden selbst auf Verhärtungen hin abtasten. Neben beispielsweise Urinteststreifen aus der Apotheke oder Blutdruckmessgeräten aus dem Sanitätshaus bieten viele Gesundheits-Apps die Möglichkeit zur regelmäßigen Kontrolle von Körperfunktionen wie Puls und Herzrhythmus.


Der richtige Zeitpunkt für die Vorsorge

Die kritische Phase, in der entscheidende Weichen fürs Alter gestellt werden ist beim Mann etwa die Lebensphase zwischen 40 und 60 Jahren. Viele Männer beklagen schon dann ein anfälligeres Herz-Kreislauf-System, beginnende Gedächtnisstörungen und orthopädischen Verschleiß. Die Krebswahrscheinlichkeit steigt an, ebenso wie die Anfälligkeit für Volkskrankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes. Das Immunsystem und schützende Stresshormone sowie der Terstosteronspiegel werden bereits langsam zurückgefahren.


Kommen Männer also auch in die Wechseljahre?

Ja, es gibt die Wechseljahre des Mannes, auch wenn der Begriff etwas irreführend ist, da dieser Prozess eher schleichend verläuft und auch Teil des normalen Alterungsprozesses ist. Schon ab dem 45. Lebensjahr nimmt die Testosteronkonzentration im Blut eines Mannes um etwa ein Prozent pro Jahr ab. Jeder fünfte Mann ab 60 hat Symptome durch zu wenig Testosteron. Männer mit hohem Stressniveau können sich auch schon unter 45 Jahren mit sinkenden Testosteronwerten sowie Libido- und Potenzproblemen konfrontiert sehen. Denn um den stressigen Lebensstil zu bewältigen, muss eine große Menge des Hormons Cortisol gebildet werden, was wiederum die Bildung von Testosteron hemmt, weil beide Hormone aus dem Vorläuferhormon Progesteron gebildet werden.

Die daraus resultierenden Beschwerden sind eine verminderte körperliche Leistungsfähigkeit, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Erektionsstörungen und ein Libidoverlust. Auch Übergewicht wird begünstigt. Wichtig zur Stabilisierung des Testosteronspiegels sind Bewegung, Sport und gesunde Ernährung.


Welche ärztlichen Untersuchungen sind zu empfehlen?

Aktuell stehen dem Mann folgende von den Krankenkassen empfohlene und bezahlte Untersuchungen gesetzlich zu:


Wie könnte man die Vorsorgequote erhöhen?

Der Mann tut sich oft leichter, wenn er ganz schematisch und systematisch nach Plan vorgehen kann. Man kann diese Strategie auf spielerische und anschauliche Art und Weise auf das Gesundheitsverhalten übertragen, beispielsweise mittels Checklisten und Online-Fragebögen. Auf diesem Prinzip basiert mein Buch „MÄNNER-TÜV“. Die Aussagekraft validierter Checklisten und medizinischer Fragebögen wurde an einer großen Patientenzahl überprüft. Inhaltlich decken sie meist nur einen Teilaspekt des Themenbereiches ab und dienen der orientierenden Einordnung der Beschwerden. Sie ersetzen also keinesfalls den Arztkontakt. Aber auch die Partner/innen und Ehefrauen können ihre Männer beim Familiensinn packen und an das Verantwortungsbewusstsein appellieren. Schließlich soll der Mann seiner Familie ja möglichst lange als Ehemann und Vater erhalten bleiben. Vier von fünf Männern lassen sich mit dieser Bitte überzeugen.


Quellen:


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Letzte Aktualisierung am: 26.07.2020


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