Wie ADHS die Sexualität von Männern beeinflusst

Menschen mit unterschiedlichen Gehirnen und geistiger Vielfalt

Männer mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, erleben oft besondere Herausforderungen in ihrer Sexualität und in Beziehungen: Impulsivität bringt spontane, leidenschaftliche Entscheidungen, die den Alltag bereichern, andererseits aber auch das Vertrauen in Partnerschaften belasten können. Emotionale Schwankungen schaffen intensive Gefühle, die Nähe vertiefen, aber auch Konflikte heraufbeschwören.

Männer mit ADHS erleben ihre Sexualität oft intensiver – mal überwältigend leidenschaftlich, mal frustrierend abgelenkt. Die neurologischen Besonderheiten von ADHS können sowohl zu spontaner Hingabe als auch zu Konzentrationsproblemen im Bett führen. Ablenkbarkeit lässt die Gedanken abschweifen, auch in intimen Momenten, was Frustration auslöst und sich zu einer echten Erektionsstörung bei ADHS entwickeln kann. Verstehen Sie, wie ADHS Ihr Liebesleben beeinflusst und was Sie dagegen tun können.


Was Sie aus diesem Artikel mitnehmen können

Was ist ADHS?

Mann mit Anzeichen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

ADHS ist eine neurobiologische Besonderheit, die etwa 2,5 bis 4,4 % aller Erwachsenen betrifft - Männer häufiger als Frauen. [1, 2, 3]

Was in der Kindheit als Zappeligkeit beginnt, wird im Erwachsenenalter zu innerer Unruhe, Konzentrationsproblemen und Impulsivität. 

ADHS bei Erwachsenen kann auch die Sexualität und die Partnerschaft beeinflussen: Ein Dopaminmangel im Gehirn treibt die Suche nach intensiven Erlebnissen an, kann aber gleichzeitig Erektionsprobleme verursachen. 

Biologische Hintergründe

Die Herausforderungen wurzeln in der Biologie: Ein Dopaminmangel im präfrontalen Kortex treibt die Reizsuche an, fördert Hypersexualität bei ADHS, aber senkt auch Motivation und verursacht Erektionsstörungen [4]. Medikamente wie Methylphenidat gleichen Dopamin aus, steigern bei manchen die Lust, dämpfen sie bei anderen [5]. Begleiterkrankungen wie Depression oder Angst, häufiger bei ADHS, verstärken die Probleme beim Sex zusätzlich [6]. 

ADHS und Sexualität

Das Sexualleben mit ADHS ist eine Mischung aus Höhen und Tiefen. Impulsivität entsteht, weil das Gehirn schnelle Belohnungen sucht, um den für ADHS typischen Dopaminmangel im Gehirn auszugleichen. Das führt zu spontanen Entscheidungen im Bett, wie häufigem Partnerwechsel oder ungeschütztem Sex, was Risiken wie Infektionen erhöht [7]. 


Viele Männer mit ADHS beginnen früh mit sexuellen Aktivitäten und haben durchschnittlich mehr Partner. Die Spontanität, auch beim Sex, wirkt oft wie ein Magnet auf die Umgebung. Andererseits wirkt sich die Sprunghaftigkeit negativ auf lange Beziehungen aus. 

Andererseits haben Männer mit ADHS in der Sexualität das gegenteilige Problem: Die Lust auf Sex ist gemindert oder Erektionen erschwert.

Insgesamt gaben um die 40% aller Befragten in einer Studie sexuelle Störungen an. [8

Hyperfokus und Intensität

Phasen intensiver Konzentration, sogenannter Hyperfokus, blenden alles andere aus und lassen tief in körperliche Empfindungen eintauchen. Das kommt von der neurologischen Suche nach Stimulation und führt zu leidenschaftlichen, fast rauschhaften Erlebnissen, die unvergesslich sind. 


Doch wenn dieser Fokus auf Alltagsdinge springt, stört er den Sexualtrieb bei ADHS. Das reicht bis zu verminderter Libido beim Mann, wenn der Fokus sich gerade auf etwas anderes als Sex oder den Partner richtet. Es gibt einfach keine Lust auf Sex. [9]

Ablenkbarkeit und störende Gedanken

Mitten beim Sex plötzlich an die Arbeit denken? Das kennen viele Männer mit ADHS. Das ständig suchende Gehirn lässt sich schwer abschalten. Die Folge: schwächere Erektionen und weniger Zufriedenheit. 

Viele empfinden dann Selbstbefriedigung als einfacher. Auch hier kann ein Hyperfokus Probleme machen: ADHS kann zu Sexsucht oder Pornosucht ausarten. [10]

Zwischen Vollgas und Totalstopp

Mann mit ADHS-Hyperaktivitätssymptomen, rennt in Panik davon

Das sexuelle Verlangen schwankt stark, weil das unausgewogene ADHS-Gehirn mit niedrigem Dopaminspiegel den Drang mal steigern, mal dämpfen kann. Manche erleben durch ADHS gesteigerte Sexualität, getrieben durch Impulsivität, die Abenteuerlust weckt – das hält Beziehungen lebendig, wenn beide offen sind.


Andere kämpfen wegen der ADHS mit geminderter Libido, besonders wenn Medikamente die Erregung bremsen oder Stress und Depressionen die Stimmung drücken. Den Dopaminspiegel z.B. mit Sport auszugleichen kann ein wichtiger Schritt zum Wohlbefinden sein.

Exzessives Verhalten und Vorlieben

Die Suche nach intensiven Erlebnissen kann zu häufigem Pornokonsum oder besonderen Vorlieben wie BDSM führen. Das ist nicht automatisch problematisch - solange es einvernehmlich geschieht und das Leben nicht beherrscht. 

Wenn es einvernehmlich ist, spricht bei ADHS nichts dagegen. Offene Beziehungen mit mehreren Partnern passen zu manchen Menschen mit ADHS und Hypersexualität, denen Monogamie schwerfällt [11]. 

Wie ADHS die Partnerschaft beeinflusst

ADHS macht Partnerschaften zu einer Achterbahnfahrt. Ihre Spontaneität kann elektrisierend wirken - oder Ihren Partner überfordern. 

Wichtig ist ehrliche Kommunikation: Erklären Sie, warum Sie manchmal abgelenkt sind oder impulsiv handeln. Das ist keine Entschuldigung, sondern Aufklärung.

Erektionsprobleme bei einer neuen Beziehung sind keine Seltenheit. Vielleicht beschäftigt sich das Gehirn damit, alles richtig machen zu wollen oder damit, ob man attraktiv genug für den neuen Partner ist, anstatt den Sex einfach zu genießen. Andererseits kann die durch ADHS gesteigerte Sexualität auch Pep in die Beziehung bringen. 

Neue Beziehungen sind oft allgemein stressig, was die sexuelle Erregbarkeit mindert und schwache oder ausbleibende Erektionen verursacht – etwa 39 Prozent berichten davon, oft durch abdriftende Gedanken oder Leistungsdruck [9]. 

Medikamente können das verschärfen, indem sie die Durchblutung und damit die die Erektion beeinflussen [12].

Was wirklich hilft

Um die Auswirkungen des Mannes mit ADHS und seiner Sexualität und seinen Partnerschaften zu kontrollieren, kommen verschiedene Wege in Frage, die sich idealerweise ergänzen sollten.

Die Basics: Sport, Ernährung, Entspannung

Paar, das im Freien Meditation praktiziert

Wenn mit ADHS Probleme beim Sex auftauchen, können Sport, wie Laufen oder Krafttraining, die Dopaminproduktion steigern und emotionale Schwankungen mildern. Überschüssige Unruhe und Energie werden kanalisiert und das sorgt für Entspannung im Bett. 


Eine gesunde Ernährung unterstützt die neurologische Balance, reduziert Stress und verstärkt die Vitalität, die ADHS mitbringt – frisches Obst, Gemüse und Vollkorn halten das Gehirn fit. 


Achtsamkeitsübungen, wie bewusstes Atmen oder kurze Meditationen, können unterstützen: Sie halten die Aufmerksamkeit im Moment, reduzieren intrusive Gedanken und nutzen den Hyperfokus für tiefere Konzentrationen. Schon fünf Minuten tägliche Atemübungen können zur Gewohnheit werden und helfen, die Sensibilität von ADHS positiv einzusetzen.


Entspannungstechniken wie Yoga lindern Stress, der Erektionsprobleme verschärft, und fördern die Durchblutung.

Praktische Tipps zur Abstimmung von ADHS und Sexualität

Schaffen Sie ablenkungsfreie Zonen: Handy aus, gedämpftes Licht, ruhige Musik. Ihr ADHS-Gehirn wird es Ihnen danken.

Nutzen Sie Ihren Hyperfokus: Konzentrieren Sie sich bewusst auf körperliche Empfindungen - Berührungen, Wärme, Ihren Herzschlag.

Reden Sie mit Ihrem Partner: Erklären Sie ADHS, ohne sich zu entschuldigen. Ein verständnisvoller Partner ist Ihr größter Verbündeter.

Feste Rituale entwickeln: Regelmäßige Massage-Sessions oder gemeinsame Entspannungszeiten geben Ihrem chaotischen Gehirn Struktur.

Wichtig: Häufige Partnerwechsel und ungeschützter Sex bergen Gesundheitsrisiken. Lassen Sie sich regelmäßig testen und verwenden Sie Kondome.

Diese einfachen Anpassungen helfen nicht nur dabei, Erektionsstörungen bei ADHS vorzubeugen, sondern verbessern auch Ihre gesamte Intimität.

Therapie und Behandlung

Psychologen, die einem Patienten helfen, ein psychologisches Problem zu lösen

Eine konsequente Behandlung von ADHS stabilisiert die Stoffwechsellage des Gehirns und hilft, die impulsiven Wellen zu glätten. Medikamente können Hypersexualität bei ADHS dämpfen und fördern die Konzentration, indem sie den Dopaminspiegel ausgleichen, was das Sexualleben balanciert.


Für manche Männer funktioniert das hervorragend, aber Stimulanzien können auch die Lust bremsen, da sie die neurochemische Balance verändern. In solchen Fällen sind alternative Medikamente eine Option, die weniger auf das sexuelle Verlangen wirken. 


Ein offenes Gespräch mit dem Arzt ist entscheidend, um die richtige Behandlung zu finden – so lässt sich die Energie von ADHS nutzen, ohne dass sie überwältigt. 


Verhaltenstherapie ergänzt das perfekt: Sie vermittelt Techniken, um Impulse zu steuern und ablenkende Gedanken zu managen. Hyperfokus lässt sich dann gezielt einsetzen, um intime Momente intensiver zu machen. Regelmäßige Sitzungen helfen, alte Muster aus der Kindheit zu durchbrechen, und machen zu einem bewussteren Partner.

Fazit

ADHS geht mit zahlreichen Herausforderungen einher. Davon ist auch die Sexualität von Männern mit ADHS betroffen. Die Probleme mit dem Sex bei ADHS schwanken zwischen Hypersexualität und verminderter Libido, zwischen dem Hang zu riskantem Sexualverhalten und -praktiken und erektiler Dysfunktion. 

Die Herausforderungen sind real, aber mit dem richtigen Verständnis und den passenden Strategien können Sie ein erfülltes Liebesleben führen. Ihre Intensität und Leidenschaft sind Geschenke - lernen Sie, sie zu kanalisieren statt zu bekämpfen.

Lesen Sie mehr:

Quellen

[1] Simon V, Czobor P, Bálint S, Mészáros A, Bitter I. Prevalence and correlates of adult attention-deficit hyperactivity disorder: meta-analysis. Br J Psychiatry. 2009;194(3):204-211. https://doi.org/10.1192/bjp.bp.107.048827  

[2] Staley BS, Robinson LR, Claussen AH, et al. Attention-Deficit/Hyperactivity Disorder Diagnosis, Treatment, and Telehealth Use in Adults - National Center for Health Statistics Rapid Surveys System, United States, October-November 2023. MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2024;73(40):890-895. Published 2024 Oct 10. https://doi.org/10.15585/mmwr.mm7340a1  

[3] London AS, Landes SD. Cohort Change in the Prevalence of ADHD Among U.S. Adults: Evidence of a Gender-Specific Historical Period Effect. J Atten Disord. 2021;25(6):771-782. https://doi.org/10.1177/1087054719855689  

[4] Arnsten AF. Fundamentals of attention-deficit/hyperactivity disorder: circuits and pathways. J Clin Psychiatry. 2006;67 Suppl 8:7-12. https://www.psychiatrist.com/jcp/fundamentals-attention-deficit-hyperactivity-disorder-3/ 

[5] Schmid Y, Hysek CM, Preller KH, et al. Effects of methylphenidate and MDMA on appraisal of erotic stimuli and intimate relationships. Eur Neuropsychopharmacol. 2015;25(1):17-25. https://doi.org/10.1016/j.euroneuro.2014.11.020  

[6] Dorani F, Bijlenga D, Beekman ATF, van Someren EJW, Kooij JJS. Prevalence of hormone-related mood disorder symptoms in women with ADHD. J Psychiatr Res. 2021;133:10-15. https://doi.org/10.1016/j.jpsychires.2020.12.005  

[7] Hertz PG, Turner D, Barra S, et al. Sexuality in Adults With ADHD: Results of an Online Survey. Front Psychiatry. 2022;13:868278. Published 2022 May 16. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2022.868278  

[8] Bijlenga D, Vroege JA, Stammen AJM, et al. Prevalence of sexual dysfunctions and other sexual disorders in adults with attention-deficit/hyperactivity disorder compared to the general population. Atten Defic Hyperact Disord. 2018;10(1):87-96. https://doi.org/10.1007/s12402-017-0237-6  

[9] Margherio SM, Capps ER, Monopoli JW, et al. Romantic Relationships and Sexual Behavior Among Adolescents With ADHD. J Atten Disord. 2021;25(10):1466-1478. https://doi.org/10.1177/1087054720914371  

[10] Bőthe B, Koós M, Tóth-Király I, Orosz G, Demetrovics Z. Investigating the Associations Of Adult ADHD Symptoms, Hypersexuality, and Problematic Pornography Use Among Men and Women on a Largescale, Non-Clinical Sample. J Sex Med. 2019;16(4):489-499. https://doi.org/10.1016/j.jsxm.2019.01.312  

[11] Soldati L, Bianchi-Demicheli F, Schockaert P, et al. Association of ADHD and hypersexuality and paraphilias. Psychiatry Res. 2021;295:113638. https://doi.org/10.1016/j.psychres.2020.113638  

[12] Upadhyaya H, Tanaka Y, Lipsius S, et al. Time-to-onset and -resolution of adverse events before/after atomoxetine discontinuation in adult patients with ADHD. Postgrad Med. 2015;127(7):677-685. https://doi.org/10.1080/00325481.2015.1083394  

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