Sex ohne Kondom: Ein riskanter Spaß

Sex ohne Kondom ist ein weit verbreitetes Phänomen, trotz der bekannten Risiken. Eine Studie über ungeschützten Sex ergab, dass etwa 30 % der Befragten angaben, sie würden definitiv ungeschützten Sex haben, und weitere 20 % sagten, sie würden "manchmal" oder "vielleicht" auf Verhütungsmittel verzichten. [1]

Einige sehen darin eine stärkere Intimität und Natürlichkeit, während andere möglicherweise den Komfort oder das spontane Verlangen priorisieren. Zudem gibt es viele Missverständnisse zu dieser Thematik, die jeder kennen sollte.

Risiko #1: Ungewollte Schwangerschaften

Sex ohne Kondom kann zu ungewollten Schwangerschaften führen, was für viele Paare eine erhebliche Belastung darstellt und das Leben der zukünftigen Eltern extrem verändern kann. 

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft bei Sex ohne Kondom?

Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft bei ungeschütztem Sex ist trotz stets sinkender Fruchtbarkeitsrate von Männern und Frauen relativ hoch [2]:

Studien zeigen, dass das Wissen über die Risiken einer Empfängnis beim Geschlechtsverkehr oft unzureichend ist, was zu einer geringen Anwendung von Verhütungsmitteln führt. Nur etwa 26 % der Frauen schätzen die Wirksamkeit von Kondomen richtig ein, gegenüber 61 % bei oralen Kontrazeptiva und 56 % bei intrauterinen Methoden. [3] Die Wissenslücken müssen geschlossen werden, um die Anwendung von Verhütungsmitteln zu verbessern.

Sex ohne Kondom in unterschiedlichen Situationen

Das Risiko, durch Geschlechtsverkehr ohne Kondom schwanger zu werden, ist je nach den Umständen unterschiedlich hoch.

Sex ohne Kondom nach Antibiotikum

Ja, es besteht ein Risiko. Einige Antibiotika können die Wirksamkeit hormoneller Verhütungsmittel wie der Pille verringern, was das Risiko einer Schwangerschaft erhöht. [4]

Sex ohne Kondom aber mit Pille

Das Schwangerschaftsrisiko bei Sex mit Pille ohne Kondom ist äußerst gering, wenn die Pille korrekt eingenommen wird. Bei perfekter Anwendung ist die Pille sehr effektiv, aber keine Verhütungsmethode bietet 100%igen Schutz. 

Sex in der Frühschwangerschaft ohne Kondom

Es besteht kein Risiko einer erneuten Schwangerschaft, da eine Frau während einer bestehenden Schwangerschaft normalerweise keinen Eisprung hat. Dennoch ist die Verwendung von Kondomen zum Schutz vor STIs (Sexually Transmitted Infections = sexuell übertragbare Infektionen) wichtig, da viele STIs auch die Entwicklung des Fötus beeinträchtigen können. [5]

Sex in der Schwangerschaft ohne Kondom

Es ist tatsächlich möglich, während einer bestehenden Schwangerschaft erneut schwanger zu werden, ein Phänomen, das als Superfötation bezeichnet wird. Superfötation tritt auf, wenn eine Frau während ihrer Schwangerschaft einen weiteren Eisprung hat und dieses Ei befruchtet wird, was zur Entwicklung eines zweiten Fötus führt. Dies ist jedoch äußerst selten und tritt normalerweise nur unter besonderen Umständen auf. Ein realistischeres Problem liegt in der Übertragung von STI, die zu einem vorzeitigen Blasensprung oder einer Störung in der Entwicklung des Feten führen können.

Ungeschützter Sex am Tag des Eisprunges

Ja, es besteht ein sehr hohes Risiko. Der Eisprung ist die fruchtbarste Phase des Menstruationszyklus, und ungeschützter Sex an diesem Tag kann sehr wahrscheinlich zu einer Schwangerschaft führen.

Kann man während der Periode durch Sex ohne Kondom schwanger werden?

Ein weit verbreiteter Mythos ist, dass Sex ohne Kondom während der Periode nicht zu einer Schwangerschaft führen kann. Tatsächlich ist es jedoch möglich, auch durch ungeschütztem Sex während der Periode schwanger zu werden, besonders bei unregelmäßigen Menstruationszyklen. Spermien können bis zu 5 Tage im weiblichen Körper überleben, was bedeutet, dass sie bei einem frühen Eisprung eine Eizelle befruchten können. Auch ungeschützter Sex kurz vor der Periode ist daher bedenklich. Allerdings ist auch hier eine Infektion durch aufsteigende Krankheitserreger bei geöffnetem Muttermund das realistischere Problem.

Kann man beim ersten Mal ohne Kondom als Jungfrau schwanger werden?

Die Antwort ist eindeutig ja. Es gibt keinen Unterschied in der Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft zwischen dem ersten und jedem weiteren Sex ohne Kondom. Sobald eine Frau ihre erste Menstruation hatte, ist sie fruchtbar und kann bei Sex ohne Verhütung schwanger werden.

Die Wahrscheinlichkeit ist sogar eher noch höher, da die meisten Frauen zu diesem Zeitpunkt relativ jung sind und somit naturgemäß fruchtbarer sind als ältere Frauen.

Folgen einer ungewollten Schwangerschaft

Angesichts der enormen Auswirkungen, die eine ungewollte Schwangerschaft auf das Leben der Menschen hat, ist es in der Tat wichtig, über ungeschützten Sex zu sprechen. 

Ungewollte Schwangerschaften stehen in starkem Zusammenhang mit einer schlechteren psychischen Gesundheit im späteren Leben. [6]

Eine Studie mit 47.401 Frauen zeigt, dass ungewollte Schwangerschaften, die zu einer Adoption oder zu ungewollten Geburten führen, häufig mit deutlich größeren psychischen Belastungen verbunden sind als geplante Schwangerschaften. [7]

Könnte Tokophobie verschlimmern

Tokophobie ist die extreme Angst vor Schwangerschaft und Geburt. Diese Angststörung kann Frauen betreffen, die noch nie schwanger waren (primäre Tokophobie) sowie diejenigen, die bereits eine traumatische Geburtserfahrung gemacht haben (sekundäre Tokophobie).

Sex mit Kondom bietet nicht nur physischen Schutz vor Schwangerschaft und sexuell übertragbaren Infektionen, sondern auch ein Gefühl der Sicherheit und Kontrolle. Wenn dieser Schutz fehlt, fühlen sich Frauen mit Tokophobie oft hilflos und ausgeliefert. Dieses Gefühl der Unsicherheit kann ihre Angstzustände erheblich verschlimmern und dazu führen, dass sie sich noch mehr Sorgen über die möglichen Konsequenzen von Sex ohne Kondom machen.

Nach ungeschütztem Sex kann die Wartezeit auf das Ergebnis eines Schwangerschaftstests für Frauen mit Tokophobie besonders qualvoll sein. Die Ungewissheit und das ständige Grübeln über eine mögliche Schwangerschaft können intensive Angst und Panik auslösen. [8]

Risiko #2: Sexuell übertragbare Infektionen (kurz: STIs)

Die Übertragung sexuell übertragbarer Infektionen kann genauso wie eine Schwangerschaft das geistige und körperliche Wohlbefinden langfristig für Jahrzehnte beeinflussen. Hier sind häufige Intimkrankheiten bei ungeschütztem Sex.

HIV

Ungeschützter Sex erhöht das Risiko einer HIV-Infektion erheblich. HIV wird durch den Austausch von Körperflüssigkeiten wie Blut, Sperma und Vaginalsekreten übertragen. Sex ohne Kondom birgt das Risiko einer HIV-Übertragung, insbesondere wenn der HIV-Status des Partners unbekannt ist.

Moderne antiretrovirale Therapien können das Virus unter Kontrolle halten und die Lebensqualität erheblich verbessern, jedoch bleibt HIV eine chronische Erkrankung. [9]

Chlamydien

Chlamydien werden durch vaginalen, analen und oralen Sex ohne Kondom übertragen. 

Unbehandelt können Chlamydien zu schwerwiegenden Komplikationen wie Unfruchtbarkeit, Eileiterschwangerschaften und chronischen Beckenschmerzen führen. Da die Infektion oft unbemerkt bleibt, ist regelmäßiges Testen wichtig, insbesondere für sexuell aktive Personen. Antibiotika können Chlamydien effektiv behandeln, wenn sie rechtzeitig diagnostiziert werden. [10]

Gonorrhö

Gonorrhö wird durch vaginalen, analen und oralen ungeschützten Sex übertragen. 

Unbehandelt kann Gonorrhö zu Unfruchtbarkeit, Infektionen der Harnröhre, des Rektums und des Rachens sowie zu einer generalisierten Infektion führen. Es wird auch zunehmend schwieriger, Gonorrhö zu behandeln, da antibiotikaresistente Stämme auf dem Vormarsch sind. [11]

Herpes genitalis

Herpes genitalis wird durch das Herpes-simplex-Virus (kurz: HSV) verursacht und ist hoch ansteckend. Die Infektion wird durch Hautkontakt mit infizierten Bereichen, oft während des vaginalen, analen oder oralen ungeschützten GVs, übertragen. 

Herpes ist eine lebenslange Infektion mit wiederkehrenden Ausbrüchen, die durch Stress, Krankheit oder andere Faktoren ausgelöst werden können. Es gibt keine Heilung für Herpes, aber antivirale Medikamente können die Symptome lindern und die Häufigkeit und Schwere der Ausbrüche reduzieren. Regelmäßige Tests und der Einsatz von Kondomen können das Risiko einer Übertragung verringern.

Sex ohne Verhütung: Was tun?

Ob Absicht oder ein gerissenes Kondom, nach ungeschütztem GV nimmt häufig die Angst überhand, doch es ist noch nicht das Ende der Welt. Sie können immer noch Maßnahmen treffen, um auf die beiden Risiken (eine Schwangerschaft oder STI) Einfluss zu nehmen.

Notfallverhütung

Die "Pille danach" sollte innerhalb von 72 Stunden eingenommen werden und ist in Apotheken erhältlich. Sie kann das Risiko einer Schwangerschaft nach ungeschütztem Sex erheblich reduzieren. Alternativ kann eine Kupferspirale innerhalb von fünf Tagen nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingesetzt werden, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Beide Methoden sind effektiv, sollten aber so schnell wie möglich nach dem Vorfall angewendet werden. [12]

STI-Test

Vereinbaren Sie so bald wie möglich einen Termin bei Ihrem Arzt für einen STI-Test. Einige sexuell übertragbare Infektionen (STIs) zeigen erst Wochen nach Sex ohne Kondom Symptome, daher sind Nachuntersuchungen wichtig, um sicherzustellen, dass keine Infektion vorliegt. Eine frühzeitige Diagnose kann dazu beitragen, gesundheitliche Komplikationen zu vermeiden und die richtige Behandlung zu beginnen. Da einige Erkrankungen wie z.B. HIV erst nach mehreren Wochen im Blut nachweisbar sind, sollte man auch an eine weitere spätere Nachuntersuchung denken.

Beobachtung und Nachsorge

Achten Sie in den folgenden Tagen und Wochen auf ungewöhnliche Symptome wie Ausfluss, Schmerzen oder Fieber und suchen Sie gegebenenfalls einen Arzt auf. Folgen Sie den Anweisungen Ihres Arztes zur Nachsorge und zu weiteren Tests, um sicherzustellen, dass keine Infektion oder andere Komplikationen vorliegen. Regelmäßige Überprüfungen sind entscheidend für Ihre Gesundheit und Sicherheit.

Präventionsberatung

Besprechen Sie mit Ihrem Arzt langfristige Verhütungsmethoden und die korrekte Verwendung von Kondomen, um zukünftige Vorfälle zu vermeiden. Informieren Sie sich über zusätzliche Schutzmaßnahmen, um das Risiko von ungeschütztem Sex zu minimieren. Eine gute Beratung kann Ihnen helfen, besser informierte Entscheidungen über Ihre sexuelle Gesundheit und Verhütung zu treffen.

So finden Sie das richtige Kondom

Die sexuelle Enthaltsamkeit ist die wirksamste Form der Vorbeugung von STIs und Schwangerschaften. Doch für einen Großteil der Bevölkerung ist dieser Ansatz einfach nicht realistisch. Sex mit Kondom ist daher die wichtigste Präventivmaßnahme, die sie treffen können. Durch die richtige Auswahl und Anwendung von Kondomen können Sie die Sicherheit und das sexuelle Vergnügen erheblich steigern.

Kauftipps

• Achten Sie darauf, dass das Kondom gut passt. Es sollte weder zu eng noch zu locker sitzen. Probieren Sie verschiedene Größen aus, um die richtige Passform zu finden.
• Wählen Sie das Material entsprechend Ihren Bedürfnissen und Allergien. Latex ist am häufigsten, aber es gibt auch Kondome aus Polyurethan oder Polyisopren für Latex-Allergiker. Zudem gibt es dickere Kondome, die für Männer mit vorzeitiger Ejakulation empfohlen werden und dünne Kondome, die besonders mit gefühlsechten Eigenschaften werben.
• Es gibt Kondome mit verschiedenen Texturen und Geschmacksrichtungen, die das sexuelle Erlebnis verbessern können. Wählen Sie nach Ihren persönlichen Vorlieben.
• Einige Kondome sind bereits mit Gleitmittel versehen, was die Anwendung erleichtert und das Risiko eines Reißens verringert. Falls nicht, kaufen Sie Gleitmittel auf Wasser- oder Silikonbasis.
• Sparen Sie nicht am falschen Ende. Kaufen Sie lieber qualitativ bessere Kondome und sparen Sie, indem Sie zum Beispiel in einer Internet-Apotheke eine größere Packung mit Mengenrabatt kaufen.

Korrekte Anwendung

• Überprüfen Sie das Verfallsdatum und die Verpackung auf Schäden, bevor Sie das Kondom verwenden.
• Öffnen Sie die Verpackung vorsichtig, um das Kondom nicht zu beschädigen. Drücken Sie die Spitze des Kondoms zusammen, um Luft herauszulassen, und rollen Sie es dann über den erigierten Penis ab.
• Achten Sie darauf, dass das Kondom während des gesamten Geschlechtsverkehrs in Position bleibt. Verwenden Sie bei Bedarf zusätzliches Gleitmittel, um das Risiko eines Reißens zu verringern.
• Halten Sie nach dem Sex das Kondom an der Basis fest, während Sie den Penis herausziehen, um ein Abrutschen zu verhindern. Entsorgen Sie das Kondom anschließend im Mülleimer.

Fazit

Sex ohne Kondom ist und bleibt riskant, insbesondere wenn man keinen Kinderwunsch hat und regelmäßig mehrere Sexualpartner/innen hat. Die möglicherweise resultierende Schwangerschaft oder STI kann einen massiven Einschnitt in die Lebensqualität der Betroffenen darstellen.

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Quellen:

1. Foster DG, Higgins JA, Biggs MA, McCain C, Holtby S, Brindis CD. Willingness to have unprotected sex. J Sex Res. 2012;49(1):61-68. doi:10.1080/00224499.2011.572307 

2. Taylor A. ABC of subfertility: extent of the problem. BMJ. 2003;327(7412):434-436. doi:10.1136/bmj.327.7412.434 

3. Biggs MA, Foster DG. Misunderstanding the risk of conception from unprotected and protected sex. Womens Health Issues. 2013;23(1):e47-e53. doi:10.1016/j.whi.2012.10.001 

4. Meara Withe. Do antibiotics affect birth control? Medical News Today. May 9, 2024. https://www.medicalnewstoday.com/articles/does-an-antibiotic-affect-birth-control 

5. Gund G, Nayak C. Sexually transmitted infections in pregnant women and their partners: A clinico-epidemiological study at a tertiary care center, Mumbai, Maharashtra. Indian J Sex Transm Dis AIDS. 2023;44(2):116-120. doi:10.4103/ijstd.ijstd_25_22 

6. Herd P, Higgins J, Sicinski K, Merkurieva I. The Implications of Unintended Pregnancies for Mental Health in Later Life. Am J Public Health. 2016;106(3):421-429. doi:10.2105/AJPH.2015.302973 

7. Sasaki N, Ikeda M, Nishi D. Long-term influence of unintended pregnancy on psychological distress: a large sample retrospective cross-sectional study. Arch Womens Ment Health. 2022;25(6):1119-1127. doi:10.1007/s00737-022-01273-1 

8. Demšar K, Svetina M, Verdenik I, Tul N, Blickstein I, Globevnik Velikonja V. Tokophobia (fear of childbirth): prevalence and risk factors. J Perinat Med. 2018;46(2):151-154. doi:10.1515/jpm-2016-0282 

9. Swinkels HM, Justiz Vaillant AA, Nguyen AD, Gulick PG. HIV and AIDS. In: StatPearls. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; May 6, 2024. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK534860/ 

10. Mohseni M, Sung S, Takov V. Chlamydia. In: StatPearls. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; August 8, 2023. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK537286/ 

11. Springer C, Salen P. Gonorrhea. [Updated 2023 Apr 17]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2024 Jan-. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK558903/

12. Batur P, Kransdorf LN, Casey PM. Emergency Contraception. Mayo Clin Proc. 2016;91(6):802-807. doi:10.1016/j.mayocp.2016.02.018