Erektile Dysfunktion und Diabetes
Erektionsstörungen und Zuckerkrank
Einigen Menschen wird es bewusst sein, anderen möglicherweise nicht. Erektile Dysfunktion (ED) und Diabetes sind insofern, eng miteinander verbunden. als dass Diabetes zu haben, die Wahrscheinlichkeit im Laufe des Lebens Erektionsstörungen zu entwickeln, deutlich erhöht. Diesen Zusammenhang werden wir uns in diesem Artikel genauer anschauen, erklären wie er entsteht und Handlungsspielräume für Betroffene aufzeigen.
Der Zusammenhang von Erektionsstörungen und Diabetes: Die Eckdaten
Erektionsstörungen können durch viele Faktoren verursacht werden. Eine häufige Ursache für erektile Dysfunktion ist Diabetes. Tatsächlich können Erektionsstörungen das erste Symptom für Diabetes bei Männern sein. [i]
Die Prävalenz von erektiler Dysfunktion bei Diabetikern, also die Häufigkeit, liegt, je nach Art der Studie (Gruppenauswahl, Messungsarten und Örtlichkeiten), zwischen rund 50 % und 80 %. Gesichert ist, dass über 50 % der Diabetiker im Laufe ihres Lebens eine Erektionsstörung entwickeln und dass diese im Vergleich zu nicht-Diabetikern zwischen 10 und 15 Jahren früher auftritt. [ii]
Je nachdem, was die Erektionsstörungen verursacht, können Änderungen des Lebensstils oder Medikamente hilfreich sein.
- Diabetes kann aufgrund seiner Auswirkungen auf die Blutgefäße, die Nerven, den Cholesterinspiegel und den Blutzucker zur erektilen Dysfunktion führen.
- Eine erektile Dysfunktion als Nebenwirkung von Diabetes-Medikamenten ist nicht ungewöhnlich.
- Erektionsstörungen bei Diabetes können mit PDE-5-Hemmern wie Viagra (Sildenafil), Cialis (Tadalafil) oder Levitra (Vardenafil) behandelt werden.
- Typ-1-Diabetiker sind laut neuesten Untersuchungen am seltensten von Erektionsstörungen betroffen. [i], [iii]
Warum führt Diabetes bei Männern so häufig zu Erektionsstörungen?
Die Ursachen für eine erektile Dysfunktion sind komplex, ebenso wie der Zusammenhang zwischen Diabetes und Erektionsstörungen. ED wird häufig durch Veränderungen der Funktionen von Nerven, Muskeln und Blutgefäßen verursacht.
Wird der Mann erregt, setzt der Körper so genannte pro-erektile neuronale Botenstoffe frei. Zu ihnen gehören Stickstoffmonoxid und Acetylcholin. Bei einer Erektion bewirken diese Botenstoffe, dass die Schwellkörper im Penis erschlaffen. Dadurch kann mehr Blut in die geweiteten Arterien Penis fließen. Die kleinen Blutkammern werden prall gefüllt. Das Blut staut sich im Penis und führt so zu einer Erektion. [i]
Eine Diabetes-Erkrankung kann auf verschiedene Weisen die Erektionsfähigkeit beeinträchtigen und auch Auslöser für andere sexuelle Dysfunktionen sein, dazu später mehr. Die möglichen Gründe für eine durch Diabetes verursachte erektile Dysfunktion sind:
- Geringere Konzentration der endothelien Stickoxidsynthase (eNOS), die zur Aufrechterhaltung von Erektionen benötigt wird.
- Häufig vorkommende arterielle Hypertonie oder eine Hyperlipidämie können Durchblutungsstörungen im Bereich der penilen Arterien verursachen.
- Testosteronmangel kommt bei Männern mit Diabetes vergleichsweise häufig vor. [iv]
Ein hoher Cholesterinspiegel als häufige Begleiterscheinung von Diabetes
Ein hoher Gehalt an LDL (Low Density Lipoprotein) welches für den Transport des Cholesterins von der Leber zu den anderen Organen verantwortlich ist, kann dazu führen, dass sich Fett an den Arterienwänden ablagert. Eine Arterienverkalkung (Arteriosklerose) ist eine häufige Folge davon, die ein Risikofaktor für schwere Erkrankungen, wie beispielsweise ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall, ist. Eine erektile Dysfunktion geht diesen schweren Erkrankungen allerdings häufig voraus.
Zur Behandlung der Arterienverkalkung werden häufig sogenannte Lipidsenker (Lipid = Fett) verschrieben. Diese sind allerdings auch dafür bekannt, nicht selten selber eine erektile Dysfunktion auszulösen. [v], [vi]
Das Thema von Medikamenten als Risikofaktoren für ED haben wir in einem anderen Artikel ausgiebig behandelt.
Ob dies der Fall ist, kann abschließend jedoch nur von einem Arzt geprüft werden. Das eigenmächtige Absetzen von Medikamenten kann schwere gesundheitliche Folgen haben und
ob tatsächlich die verschriebenen Medikamente für die Erektionsstörungen verantwortlich sind, kann abschließend nur das behandelnde Fachpersonal bestimmen. Sollten Patienten also den Verdacht haben, sollten sie mit ihrem Arzt oder Ärztin reden und gemeinsam nach einer geeigneten Therapie des Problems suchen.
Niemals sollte ein Medikament eigenständig abgesetzt werden!
Das ist mitunter extrem gefährlich, nicht nur wegen der ausbleibenden Wirkung. Viele Medikamente müssen z. B. sehr vorsichtig und schrittweise abgesetzt werden. Ansonsten könnte es im Organismus zu überschießenden Gegenregulationen kommen, die schlimme Folgen für den Patienten haben können.
Wie häufig kommt es bei Männern mit Diabetes zu Erektionsstörungen?
Es ist sehr verbreitet. Bis zu 75% der Männer mit Diabetes haben irgendwann in ihrem Leben Erektionsstörungen. Bei Männern über 70 Jahren, besteht eine bis zu 95% Wahrscheinlichkeit, dass ein gewisser Grad an erektiler Dysfunktion vorliegt.
Erektile Dysfunktion ist unter Männern mit Diabetes sehr verbreitet. Gesichert ist, dass über die Hälfte aller Männer mit Diabetes an irgendeinem Punkt in ihrem Leben unter Erektionsstörungen leiden. Die Zahlen werden auf bis zu 80 % angesetzt. In der Altersgruppe der über 70-Jährigen, mit oder ohne Diabetes, liegt die Prävalenz sogar bei 70 % und steigt bei den über 80-Jährigen auf bis zu 75 %. [ii], [vi]
Leider zeigen sich bei Diabetikern auch häufig Angststörungen oder Depressionen. Es wird davon ausgegangen, dass rund ein Viertel der von Diabetes Betroffenen auch an Depressionen leiden. Beide Erkrankungen gelten als Ursache für ED.
Die Zahl, der durch psychologische Faktoren ausgelösten erektilen Dysfunktionen, soll zwischen 10 % und 20 % liegen. [vii], [viii]
Diabetes und andere sexuelle Dysfunktionen
Leider ist eine erektile Dysfunktion nicht die einzige sexuelle Störung, die bei Männern mit Diabetes auftreten kann. Außerdem sind auch Frauen nicht vor der Gefahr gefeit, unter sexuellen Störungen zu leiden, wenn sie an Diabetes leiden.
Unter den weiteren sexuellen Störungen, die Männer mit Diabetes erfahren können, befinden sich unter anderem Libidoverlust, Orgasmusstöungen und Ejakulationsstörungen (das Ausbleiben der Ejakulation oder vorzeitige Ejakulation)
Wie in vielen Teilen der Medizin ist der feminine Aspekt dieser Probleme deutlich weniger erforscht. Das trifft besonders auf die femininen Sexualfunktionen zu. Daher haben wir weniger Erkenntnisse darüber, warum und welche Sexualfunktionsstörungen Diabetes bei Frauen auslösen kann. Unter den Sexualstörungen, die bei Frauen mit Diabetes auftreten können finden sich unter anderem Libidoveränderungen mit erhöhter oder geschwächter Libido und Orgasmusstörungen mit Ausbleiben, erschwertem Auftreten, geringerer Intensität und kürzerer Dauer. [ix]
Wie kann man erektile Dysfunktion bei Diabetes behandeln?
Der gängige Ansatz für die Behandlung einer erektilen Dysfunktion ist, sich einen besonders gesunden Lebensstil anzueignen. Dazu zählt eine gesunde, fettarme, Ernährung, viel Sport mit gezieltem Training der Beckenbodenmuskulatur und natürlich der Verzicht auf Alkohol und Nikotin. Für Diabetes gilt das um so mehr, da eine unausgewogene Ernährung und zu wenig Sport Menschen, die an Diabetes leiden, besonders beeinträchtigen. Fettleibigkeit ist außerdem sowohl ein Risikofaktor für Diabetes, als auch für ED.
In einigen Fällen kann bereits durch die Umstellung des Lebensstils eine Verbesserung der ED-Symptome erreicht werden. Falls das allerdings nicht der Fall sein sollte, ist der beste Weg, einen Urologen aufzusuchen. Auch mit einem Diabetologen kann über diese Probleme gesprochen werden, obwohl hier die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, dass dieser sie an einen Urologen überweist.
Mit dem den Diabetes behandelnden Fachmediziner ist es auch eine gute Idee, die Medikamentenliste durchzugehen und zu überprüfen, ob für sie eine erektile Dysfunktion als Nebenwirkung beschrieben wird. [i], [x]
PDE-5-Hemmer zur Behandlung von ED
Die am häufigsten angewendete Variante der Behandlung von erektilen Dysfunktionen ist die Behandlung mit PDE-5-Hemmern. PDE-5 ist ein Enzym, das einen Botenstoff abbaut, der bei sexueller Erregung freigesetzt wird und so die Durchblutung im Penis befördert. Wenn dieses Enzym geblockt oder gehemmt wird, kann der Botenstoff ungestört die Durchblutung im Penis hochschrauben.
Die folgenden Wirkstoffe sind alles PDE-5-Hemmer, allerding unterscheiden sie sich in einigen Details:
- Sildenafil
- Tadalafil
- Vardenafil
- Avanafil
Da die Wirkstoffe unterschiedliche Wirkweisen haben können sich wichtige Details, wie beispielsweise Wirkeintritt und -Dauer, unterschieden. Aber auch Verträglichkeiten unterscheiden sich, weswegen mit dem behandelnden Fachpersonal genau das richtige Medikament gefunden werden muss. [x]
Alternativen zur Behandlung mit PDE-5-Hemmern
Alternativ zu der Möglichkeit, eine Potenzstörung mit PDE-5-Hemmer zu behandeln, existiert auch das Medikament Alprostadil welches unter Umständen helfen kann.
Eine Alternative zur Behandlung mit PDE-5-Hemmern ist die Behandlung mit Alprostadil. Dieser Wirkstoff, kommt auch unter normalen Bedingungen im menschlichen Stoffwechsel vor. Aufgrund seiner Wirkung auf die Blutgefäße wird Alprostadil lokal im Bereich des Schwellkörpers als Medikament zur Behandlung der erektilen Dysfunktion eingesetzt.
Alprostadil wird hauptsächlich als Injektionslösung und als Harnröhrenstäbchen angeboten. Darüber hinaus gibt es auch Cremes mit Alprostadil. Diese Art der Anwendung ist jedoch nicht für jeden geeignet.
Die Injektionslösung muss in der Regel zuhause frisch angemischt werden und kann anschließend mit einer Spritze direkt in den Schwellkörper des Penis injiziert werden. Daher nennt sich diese Methode auch Schwellkörper-Autoinjektions-Therapie (SKAT).
Das Harnröhrenstäbchen hingegen wird mit Hilfe eines Plastik-Applikators direkt in der Harnröhre platziert und löst sich dort auf. Abhängig von der Dosis sollten Sie zwischen fünf und 25 Minuten nach der Anwendung eine Erektion bekommen. [x], [xi]
Kann man erektile Dysfunktion bei Diabetes heilen?
Man geht davon aus dass bei rund jedem zehnten Patienten mit langjährigem Typ-1-Diabetes iim Verlauf von sieben Jahren die Potenzprobleme wieder verschwinden. Diese Wahrscheinlichkeit ist umso höher, je jünger der Mann ist und je kürzer er an Diabetes erkrankt ist. [xii]
Es gibt einige Faktoren, die zu einem höheren Diabetesrisiko führen, was sich auch auf die ED auswirken kann. Es ist bekannt, dass zu viel Alkohol und / oder Nikotin die sexuelle Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Das Einschränken des Alkoholkonsums und Nikotinentzug sind zwei Dinge, die Betroffene auch ohne Konsultation von Fachpersonal ausprobieren können.
Übergewicht, Fettleibigkeit und Inaktivität können auch Risikofaktoren für Erektionsstörungen und Typ-2-Diabetes sein. Für von Übergewicht Betroffene, kann eine Gewichtsreduktion im Umgang mit Diabetes helfen, was wiederum einen positiven Effekt auf Erektionsstörungen haben kann.
Fazit
Es ist gesichert, dass Diabetes einen hohen Risikofaktor für ED darstellt. Über die Hälfte der Diabetiker entwickeln im Laufe ihres Lebens eine erektile Dysfunktion. Das heißt allerdings nicht, dass sich die Betroffenen ihrem Schicksal fügen müssen. Es ist möglich auf verschiedene Weisen, die Symptome der ED zu behandeln.
Zur Behandlung von ED und Diabetes sollte urologisches Fachpersonal aufgesucht werden.
Allerdings sind Erektionsstörungen nicht die einzigen Sexualstörungen, die im Zusammenhang mit Diabetes auftreten können. Auch sind Männer nicht die alleine Betroffen. Frauen können in Folge einer Diabetes-Erkrankung genauso an Sexualproblemen leiden.
Neben den körperlichen Faktoren von Diabetes, die Erektionsstörungen begünstigen, sind Diabetiker außerdem deutlich anfälliger für psychologische Erkrankungen, wie beispielsweise Angststörungen oder Depressionen. Diese wiederum stellen ebenfalls einen Risikofaktor für ED dar. Daher ist es in vielen Fällen auch ratsam, psychologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Quellen:
[ii]:https://link.springer.com/article/10.1007/s00092-017-1642-z
[v]:https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/diabetes/lexikon/cholesterin-809635.html
[vi]:https://www.kup.at/kup/pdf/1005.pdf
[vii]:https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/gefaehrliches-duo-diabetes-und-depression.php
[viii]:https://www.erektile-dysfunktion.net/ursachen/#_Psychische_und_krperliche_Ursachen__
[ix]:https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK279101/#sex-dysfunction-diab.EJACULATORY_DYSFUNC
[xi]:https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK542217/
[xii]:https://www.diabetiker-nds.de/news/meldung/news/impotenz-durch-diabetes-kann-reversibel-sein
Medizinisch geprüft von:
Dr. Marcus Horstmann, geboren in Hannover, studierte Medizin in Berlin und absolvierte anschließend die Facharztausbildung für Urologie und Allgemeinchirurgie. Durch seine Tätigkeit als Abteilungsleiter in verschiedenen Krankenhäusern sammelte er 17 Jahre lang viel Erfahrung. Seine urologisch-chirurgischen Fähigkeiten schließen unter anderem Roboterchirurgie, Begradigung von Penisabweichungen oder die Implantation künstlicher Schließmuskel mit ein.
Aktualisiert am 14.08.2022