Impotenz als Frühwarnsystem für andere Krankheiten

Eine Potenzstörung oder erektile Dysfunktion (ED) bezeichnet die Unfähigkeit, eine für den Geschlechtsverkehr ausreichende Erektion zu bekommen und diese während des Koitus aufrechtzuerhalten. Um eine Erektion zu erreichen, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: Ein hormonelles Gleichgewicht muss für die nötige Bereitschaft (Libido) sorgen. Die Nerven des Penis müssen richtig funktionieren, die Durchblutung des Penis sollte ausreichend sein und es muss einen Reiz vom Gehirn geben, der über die Nervenbahnen im Penis ankommt. Wenn eine oder mehrere dieser Bedingungen gestört sind, wird eine vollständige Erektion verhindert. Eine erektile Dysfunktion gilt als ein ernstzunehmendes Frühwarnzeichen für schwere Gesundheitsprobleme und somit als wichtiger Marker für einen negativen Gesundheitszustand im Allgemeinen betrachtet werden. Hier erfahren Sie warum!


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Wieso besteht ein Zusammenhang zwischen der Potenz und dem Herzen?

Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen weltweit jährlich 17,3 Millionen Todesfälle. Diese Zahl wird voraussichtlich bis zum Jahr 2030 auf über 23 Millionen ansteigen. Studien zeigten, dass eine Erektionsstörung im Durchschnitt 2-3 Jahre vor der Erkrankung der Herzkranzgefäße (Koronare Herzkrankheit, KHK) bzw. vor einem Herzinfarkt auftritt. Anders ausgedrückt: Männer mit Erektionsstörungen aufgrund von Durchblutungsstörungen haben ein deutlich höheres Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko. Diese beiden Erkrankungen (ED und KHK) treten deshalb oft gleichzeitig auf, weil sie die gleichen Risikofaktoren aufweisen, als da wären Zuckerkrankheit, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht und Rauchen. Das Vorkommen solcher Störungen ist wahrscheinlich noch viel höher, da Männer im Allgemeinen selten medizinischen Rat für ihre Potenzstörungen einholen. Interessant ist auch, dass selbst bei einem Viertel aller Frauen mit Sexualstörungen eine Erkrankung der Herzkranzgefäße vorkommt und bei über 80% dieser Frauen die Sexualstörung ebenfalls mit zeitlichem Abstand vor einem möglichen Herzinfarkt auftritt.


 Bild von einer Verpackung Apomeds  


Mehrere Studien konnten diese Zusammenhänge beweisen. Zum Beispiel hatten in einer Studie 57% der Männer, die sich einer Bypass-Operation unterzogen hatten, und 64% der Männer, die wegen eines Herzinfarkts ins Krankenhaus eingeliefert wurden, zumindest zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Potenzstörung. Zwei Drittel der Patienten hatten durchschnittlich 38,8 Monate lang Potenzstörungen, bevor die Symptome an den Herzkranzgefäßen auftraten.


Warum tritt die Impotenz vor dem Herzinfarkt auf?

Dies ist leicht erklärbar durch die Arteriengröße. Die Herzkranzgefäße (Koronararterien) haben einen Durchmesser von 3–4 mm, während die Penisgefäße einen Durchmesser von 1–2 mm haben. Das erklärt, warum eine enge Penisarterie in den frühen Stadien der Gefäßverkalkung mit größerer Wahrscheinlichkeit spürbare Auswirkungen hat, bevor die Symptome an den Koronararterien auftreten.

Im Detail: Die schlechtere Blutversorgung kann auf eine beeinträchtigte Funktion der Innenwände der Blutgefäße (Endothel) zurückzuführen sein. Diese sogenannte Endotheliale Dysfunktion spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Gefäßverkalkungen (Atherosklerose). Das Gefäßendothel steuert die Engstellung und Erweiterung der Blutgefäße, indem es regulatorische Substanzen produziert wie Stickoxid (NO), Prostaglandin, Endotheline, Prostacyclin oder Angiotensin II. Diese Faktoren regulieren also den Blutfluss zum Penis. Bei Potenzstörungen ist insbesondere die endotheliale Stickoxid-(NO)-Synthese reduziert.


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Was genau schädigt die Blutgefäße am Penis und am Herzen?


Alter

Das Vorkommen und der Schweregrad von Potenzstörungen nehmen mit dem Alter zu. So haben Männer im Alter von 70 Jahren dreimal häufiger ED als Männer im Alter von 40 Jahren. Aber: Bei jüngeren Männern, die eine ED haben, treten mit einer noch höheren Wahrscheinlichkeit zukünftige Herzereignisse auf als bei älteren Männern mit ED.


Blutdruck

Bluthochdruck kann die Funktion der Blutgefäße auf viele Arten beeinflussen. Durch eine erhöhte Aktivität des sogenannten sympathischen Nervensystems kann die endothelabhängige Gefäßerweiterung reduziert sein. Ein weiterer Mechanismus ist die durch Bluthochdruck erhöhte Aktivität eines Enzyms (Cyclooxygenase), das die Funktion der Gefäßinnenwände indirekt stören kann. Auch genetische Variationen spielen offenbar eine Rolle.


Cholesterin

In einer Studie hatten 42% der Männer mit ED auch erhöhte LDL-Cholesterinspiegel im Blut. Überschüssiges LDL-Cholesterin wird in den Arterienwänden abgelagert. Diese Ablagerungen können sich mit anderen Substanzen zu sogenannten Plaques in der Blutgefäßwand verbinden. Es entsteht eine Arteriosklerose, die das Lumen der Arterie verengen und den Blutfluss zum Herzmuskel und zum Penis behindern kann.


Tabak-, Alkohol- oder Drogenkonsum:

Alle drei Substanzen können die Blutgefäße schädigen oder den Blutfluss zum Penis einschränken und somit eine ED verursachen. Insbesondere das Rauchen spielt eine große Rolle bei der Entstehung von ED bei Menschen mit Arteriosklerose. Tabakrauchen verursacht eine direkte Toxizität für Endothelzellen. Eine Übersichtsanalyse von 19 Studien ergab, dass 40% der untersuchten impotenten Männer derzeit Raucher waren, verglichen mit 28%, die nie geraucht hatten.


Übergewicht

Fettleibigkeit ist häufig mit anderen Risikofaktoren wie Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck assoziiert. Übergewicht erhöht das ED-Risiko um 30–90%. Übergewichtige Männer haben eine stärkere Beeinträchtigung der Endothelfunktion als nicht übergewichtige Männer mit ED. Darüber hinaus führt ein hoher Body-Mass-Index zu niedrigen Testosteronspiegeln, was wiederum zur Verstärkung der Potenzstörungen führt.


Zuckerkrankheit (Diabetes)

Potenzstörungen sind eine häufige Komplikation von Diabetes. Menschen mit Diabetes neigen auch häufiger dazu, kardiovaskuläre Komplikationen zu entwickeln, weil Diabetes Nerven- und Arterienschäden verursachen kann, die das Erreichen einer Erektion erschweren können. Zwischen 35% und 50% aller Männer mit Diabetes leiden an ED. Umgekehrt gilt aber auch: In 5-10% kann das Auftreten von Erektionsstörungen ein Hinweis auf einen bislang unbekannten Diabetes bzw. auf einen drohenden Diabetes sein. Eine in England publizierte Studie an über 100 Männern, welche ausschließlich wegen Potenzstörungen einen Urologen aufgesucht hatten, zeigte dabei, dass bei 17% dieser Patienten entweder bereits eine Zuckerkrankheit vorlag oder aber diese Männer wegen erhöhter Nüchternblutzuckerwerte ein deutlich erhöhtes Risiko hatten, in den nächsten 5 Jahren an einem Diabetes zu erkranken.


Welche anderen Risikofaktoren gibt es noch für die Potenz?


Nierenerkrankung

Eine Nierenerkrankung kann chemische Veränderungen verursachen, die sich auf Hormone, Kreislauf, Nervenfunktion und Energieniveau auswirken. Diese Veränderungen können sowohl die Libido (Sexualtrieb) als auch die sexuelle Leistungsfähigkeit verringern.


Neurologische Erkrankungen

Das Nervensystem spielt eine wichtige Rolle bei der Erreichung und Aufrechterhaltung einer Erektion. Männer mit Erkrankungen wie Schlaganfall, Multipler Sklerose (MS), Alzheimer-Krankheit, Parkinson-Krankheit und Rückenmarksverletzungen leiden häufig an ED. Dies ist auf eine Unterbrechung der Übertragung von Nervenimpulsen zwischen Gehirn und Penis zurückzuführen.


Operationen und Bestrahlungen

Prostata-, Blasen oder Darmkrebs selbst verursachen selten eine ED, aber die Behandlung von Krebserkrankungen durch Operationen oder Bestrahlungen kann zu Erektionsstörungen führen. Auch andere Verletzungen des Penis oder eine Erkrankung namens Peyronie-Krankheit (Narbengewebe im Penis) können die Schwellkörperdurchblutung beeinflussen.


Hormone und Psyche

Darüber hinaus weisen 10-15% der Männer in der Altersgruppe 40-80 Jahre auch Hormonstörungen und hierbei insbesondere einen Testosteron- oder DHEA-Mangel auf, welche ihrerseits die Potenzstörungen bedingen oder aber verstärken können bzw. auch zu Störungen der Libido und des Samenergusses (Ejakulation) führen können. Auch psychologische Faktoren wie Stress, Depressionen und Leistungsangst spielen eine Rolle.


Medikamente

Es gibt mehr als 200 Arten von verschreibungspflichtigen Medikamenten, die Potenzstörungen verursachen können. Einige häufig verschriebene kardiovaskuläre Medikamente wie Betablocker, Diuretika („Wassertabletten“) oder Angiotensin-Converting-Enzym-Inhibitoren („ACE-Hemmer“) tragen zur ED bei. Betablocker wie Atenolol, Metoprolol oder Bisoprolol können ebenfalls zu ED führen. Eine Studie an Männern mit Bluthochdruck, die mindestens 6 Monate lang mit Atenolol, Metoprolol und Bisoprolol behandelt wurden, zeigte bei diesen Patienten ein hohes ED-Vorkommen von nahezu zwei Drittel. Einzig der Wirkstoff Nebivolol scheint einen Vorteil gegenüber anderen Betablockern zu haben. Nebivolol hat zusätzliche gefäßerweiternde Wirkungen, da es die Freisetzung von Stickoxid (NO) in der Gefäßwand stimuliert, was zu einer Entspannung der glatten Muskulatur im Schwellkörper führt und eine Erektion des Penis ermöglicht. Mehrere frühere Studien haben eine vorteilhafte Wirkung von sogenannten Angiotensinrezeptorblockern auf die erektile Funktion gezeigt und sollten daher die bevorzugten blutdrucksenkenden Mittel bei Patienten mit ED sein.


Wie kann ich mein Risiko selbst abschätzen?

Ihr Herzinfarktrisiko für die nächsten 10 Jahre können Sie bei der Assmann-Stiftung für Prävention unter http://www.assmann-stiftung.de unter „PROCAM-Studie“ mit dem Procam-Schnelltest abschätzen. Bei einem Ergebnis mit einem Herzinfarktrisiko über 10% in 10 Jahren sollten Sie Ihren Arzt konsultieren.


Wie kann man Potenzstörungen behandeln?

Potenzstörungen können heutzutage sehr sicher medikamentös behandelt werden. Die ED-Medikamente Sildenafil (Viagra), Vardenafil (Levitra) und Tadalafil (Cialis) verstärken das Vorhandensein von Stickoxid in der glatten Muskulatur der Penisschwellkörper. Dadurch können sich die glatten Muskeln entspannen und die Durchblutung des Penis wird erhöht. Aber auch bei erfolgreicher Therapie mit den genannten Substanzen sollte sich jeder betroffene Mann im Hinblick auf die oben genannten Risikofaktoren untersuchen lassen.


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Quellen:


Medizinisch geprüft von:

 Dr. Christoph PiesDr. med. Christoph Pies, Jahrgang 1970, studierte Medizin in Bochum und Düsseldorf, bevor er in einer Kölner Klinik seine Berufung zum Urologen fand. Auslandsaufenthalte führten ihn in Kliniken in der Schweiz und den USA (Houston, New York, Los Angeles). Nach seiner Facharztausbildung und Oberarzttätigkeit wurde er 2004 niedergelassener Urologe in der Nähe von Aachen. Er verfügt über die Zusatzbezeichnungen Andrologie und Medikamentöse Tumortherapie. Dr. Christoph Pies ist seit 2020 bei Apomeds dabei.



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