Gender identification - Das psychische Geschlecht

War es beim biologischen Geschlecht mit seinen weit über die „binäre“ Einteilung weiblich – männlich hinausgehenden Varianten nicht schon kompliziert genug, so wird es beim psychischen Geschlecht, oder heute sollte man eher soziales Geschlecht, neudeutsch Gender, sagen, erst richtig verwirrend. Es gibt je nach Zählweise nicht weniger als 65 bis 72 Definitionen für das soziale Geschlecht, von denen wir die wichtigsten im folgenden erklären wollen. 

Transgender

Definition 2018: Personen, deren psychologische Geschlechtsidentität nicht übereinstimmt mit dem ihnen bei Geburt zugewiesenen Geschlecht

Es handelt sich also um Menschen, die bei der Geburt z.B. als weiblich erkannt wurden, sich aber tatsächlich als männlich empfinden. Sie sind binär transgender, also Frau zu Mann, Mann zu Frau oder nichtbinär transgender, also z.B. Frau zu einer zwischengeschlechtlichen Form.  Beide Formen werden als trans* oder inter* zusammengefasst. Cisgender ist das Gegenteil, wenn sich eine Frau auch als dem weiblichen Geschlecht zugehörig empfindet. Transidentität schliesst umfassender auch Trans-Menschen ohne operative Geschlechtsangleichung ein.

Genderqueer

Definition 2018: Personen, die sich als weder/noch identifizieren, oder als beides oder als Kombination von Mann und Frau.

Genderfluid

Definition 2018: Personen, deren Geschlechtsidentität sich verschiebt oder flexibel verändert, statt anhaltend gleich zu bleiben.

Bigender („zweigeschlechtlich“)

Definition 2018:  Personen, die zwischen den Geschlechtsidentitäten Frau und Mann wechseln.

Pangender („allgeschlechtlich“) 

Definition 2018:  Personen, die sich mehreren oder allen Geschlechtern irgendwie zugehörig fühlen, ohne dabei auf eines festgelegt zu sein.

Trigender („dreigeschlechtlich“) 

Definition 2018: Personen, die zwischen Frau, Mann und einer dritten Geschlechtsidentität wechseln

Die dritte kann eine Mischform aus Mann/Frau sein oder ganz außerhalb der Zweigeschlechtlichkeit liegen, oder auch das (zeitweilige) Gefühl sein, sich keinem Geschlecht zugehörig zu fühlen

Agender

Definition 2018: Personen, die sich innerlich als ungeschlechtlich empfinden

Etwas Anderes ist

Asexuell 

sexuelle Orientierung von Personen, die keine sexuelle Anziehung gegenüber anderen verspüren oder kein Interesse an Sex oder Verlangen danach haben

Demigender

Personen, die sich teilweise oder hauptsächlich mit einem Geschlecht identifizieren, gleichzeitig aber auch mit einem anderen. Diese Gruppe schließt Untergruppen ein, so sieht sich eine Demifrau (demigirl) nur teilweise als Frau (unabhängig vom Geburtsgeschlecht), während andere Teile ihrer Identität anderen Geschlechtern zugehören oder auch genderfluid oder agender sein können; in spiegelbildlicher Form tut das ein Demimann (demiboy).

Abinär

Dazu sagt die deutsche Antidiskriminierungsstelle des Bundes: 

„Manche identifizieren sich mit einem binären Geschlecht als weiblich oder männlich, andere als weder weiblich noch männlich, als abinär oder jenseits des binären Geschlechtermodells. Mit dem Begriff abinäre Menschen bezeichnen wir Personen, die sich nicht oder nicht nur als Frauen* oder Männer* beziehungsweise nicht (nur) weiblich oder männlich identifizieren. Verbreitet ist auch die Selbstbezeichnung nichtbinär, die aber in der Wortbildung durch das Suffix ‚nicht-‘ die Abweichung von einer binären Norm als Moment des Fehlens oder Mangels zentriert, weswegen wir die positive Selbstbezeichnung abinär nutzen. Wir benutzen die Formulierung ‚inter*, trans* und (andere) abinäre Menschen‘, um kenntlich zu machen, dass inter* und trans* Menschen auch abinär sein können, aber nicht alle abinären Menschen inter* oder trans* sein müssen.“

Alles klar?

Queer

Queer bedeutete ursprünglich "sonderbar, eigenartig, verrückt" und wurde wie das deutsche Wort "schwul" eher abwertend gebraucht. Anfang der 90er Jahre begann die nicht-binäre Gesellschaft das Wort stolz als Selbstbezeichnung zu benutzen. Da die Bezeichnung alle von der Heterosexualität abweichenden  Geschlechts- und sexuellen Identitäten umfasst, ist der Begriff heute durchaus umstritten, da sich zum Beispiel Intersexuelle nicht unbedingt mit Homosexuellen in einer Bezeichnung zusammen gefasst sehen wollen.  

Wichtig ist zu betonen, dass Geschlechtsidentität nicht mit der sexuellen Orientierung einhergeht. Eine nichtbinäre Person kann ebenso unterschiedliche sexuelle Vorlieben haben wie binärgeschlechtliche Personen und etwa heterosexuell, bisexuell, lesbisch, schwul oder nicht-sexuell sein.

Wie viele Personen sind von diesen Varianten betroffen?

Anfang 2020 führten 2 US-amerikanische studentische Gesundheitsorganisationen eine Umfrage durch, welches Geschlecht ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde und wie sie sich selbst bezeichnen würden. Es wurden bei einer Rücklaufquote von 14% ca 50.000 Fragebögen ausgewertet:

https://cdn-crm.apomeds.com/cms/62f8fe67eb8a6_

Bei diesen Zahlen ist natürlich zu bedenken, dass bei der geringen Rücklaufquote erhebliche Unsicherheiten bestehen können.  Einerseits können nicht-binäre häufiger geantwortet haben, um ihre Thematik mehr publik zu machen und andererseits kann  eine gewisse Scheu vor der Beantwortung vorliegen. sodass die Zahlen eher höher anzusetzen sind. 

In den westlichen Ländern der EU lag die Zahl der in Umfragen ermittelten Personen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell oder transgender bezeichneten, zwischen 6,0 und 7,4%. Am Ende der Liste befand sich Ungarn mit 1,5%.

In 27 EU-Ländern bezeichneten sich 4% der Befragten bis 25 Jahre als nicht-binär, während es bei den Älteren nur 1% waren. Das ist natürlich auf die öffentlicher geführte Diskussion zurück zu führen. Bei den jungen Menschen liegt eine höhere Bereitschaft vor, ihre Selbsteinschätzung  und Zuordnung zu hinterfragen.

Depressionen und Suizide sind unter trans und nicht-binären Menschen deutlich häufiger als in der Allgemeinbevölkerung. Diese Zahlen reduzieren sich deutlich, wenn Namen oder Geschlecht in offiziellen Dokumenten anerkannt wurden.

Wie gendere ich richtig?

Es gibt mittlerweile 6 Formen, wie in Gesprächen und vor allem geschriebenen Texten eine umfassendere Einbeziehung der unterschiedlichen Geschlechter gewährleistet wird:

Wie gendere ich richtig?

Es gibt mittlerweile 6 Formen, wie in Gesprächen und vor allem geschriebenen Texten eine umfassendere Einbeziehung der unterschiedlichen Geschlechter gewährleistet wird:

  1. Das Binnen-I:  Schüler/in, Lehrer/in
  2. Der Unterstrich: Schüler/in, Lehrer/in
  3. Der Schrägstrich: Schüler/in, Lehrer/in
  4. Das Sternchen: Schüler/in, Lehrer/in
  5. Die Paarform: Schüler und Schülerinnen. Lehrer und Lehrerinnen
  6. Geschlechtsneutral: die Studierenden, die Lehrenden

Ab 2009 entwickelte Illi Anna Heger die Personalpronomina (Ich, du, er/sie/es …) xier/xieser/xiem/xien, zusammen mit den Possessivpronomina (mein, dein, …) xiesa, xiese, xies und den Artikeln (der, die, das) dier/dies/diem/dien. Es findet gelegentliche Verwendung in Presseberichten über nichtbinäre Personen.

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