Nervlicher Bluthochdruck: So wirkt sich Stress auf Ihren Blutdruck aus
Es ist ganz normal, dass der Blutdruck mal höher und mal niedriger ist. Kurzzeitig hoher Blutdruck bei Aufregung und körperlicher Anstrengung ist normal. In Ruhe und nachts sinkt er. Steigt der Blutdruck jedoch zu stark an und sinkt er nicht wieder richtig ab, kann das daran liegen, dass das Nervensystem überreagiert. Das ist keine Bagatelle. Sehr stark erhöhter Blutdruck durch Stress, auch wenn er nur kurzzeitig auftritt, kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit haben.
Was nehmen Sie aus diesem Artikel mit?
- Ab wann spricht man von Bluthochdruck?
- Wie steuert der Körper den Blutdruck und welchen Anteil hat Stress daran?
- Wie gefährlich können Blutdruckspitzen sein?
- Welche Symptome begleiten zu hohen Blutdruck?
- Wie kann man herausfinden, dass das Nervensystem den Blutdruck durch Stress erhöht?
- Wie wird nervlicher Bluthochdruck behandelt?
Wann hat man erhöhten Blutdruck?
Ab einem Blutdruck von 140/90 mmHg ist der Blutdruck zu hoch. Dabei muss der Blutdruck nicht ständig erhöht sein, sondern es können auch vorübergehende Blutdruckspitzen auftreten.
Kategorie |
Systole in mmHg (oberer Blutdruckwert) / Diastole in mmHg (unterer Blutdruckwert zu hoch) |
optimal [1] |
<120 und <80 |
normal [1] |
120–129 und/oder 80–84 |
hochnormal [1] |
130–139 und/oder 85–89 |
Hypertonie Grad 1 [2] |
140–159 und/oder 90–99 |
Hypertonie Grad 2 [2] |
160–179 und/oder 100–109 |
Hypertonie Grad 3 [2] |
≥ 180 und/oder ≥ 110 |
Isolierte systolische Hypertonie [2] |
≥ 140 und < 90 |
Wie steuert der Körper den Blutdruck?
Der menschliche Körper regelt den Blutdruck durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Systeme und Mechanismen [3]:
1. Das Herz-Kreislauf-System
Herzfrequenz (Puls): Die Anzahl der Herzschläge pro Minute beeinflusst den Blutdruck. Erhöht sich die Herzfrequenz, pumpt das Herz mehr Blut in die Arterien, was zu einem erhöhten Blutdruck führt.
Schlagvolumen: Das ist die Blutmenge, die das Herz pro Herzschlag auswirft. Ein höheres Schlagvolumen führt zu einem höheren Blutdruck.
2. Der Gefäßwiderstand
Arterielle Spannung: Die Spannung der glatten Muskulatur in den Arterienwänden beeinflusst den Gefäßwiderstand. Vasokonstriktion (Verengung der Blutgefäße) erhöht den Blutdruck, während Vasodilatation (Erweiterung der Blutgefäße) ihn senkt. Man stelle sich einen Wasserschlauch mit kleinem und einen mit großem Durchmesser vor: Um das Wasser durch den engeren Schlauch zu pressen, muss der Druck höher sein.
Elastizität der Gefäße: Mit zunehmendem Alter oder bei Erkrankungen wie Arteriosklerose nimmt die Elastizität der Arterien ab und der Blutdruck steigt.
Stickstoffmonoxid (NO): Ein Molekül, das vom Endothel (der Innenschicht der Blutgefäße) freigesetzt wird und die Erweiterung der Blutgefäße fördert, wodurch der Blutdruck gesenkt wird.
Endothelin: Ein stark gefäßverengendes Molekül, das ebenfalls vom Endothel freigesetzt wird und einen erhöhten Blutdruck verursacht.
3. Die Nieren
Renin: Hormon, das von der Niere ausgeschüttet wird, um den Blutdruck zu senken.
Angiotensin II: Es erhöht den Blutdruck, indem es die Blutgefäße verengt und die Freisetzung von Aldosteron fördert.
Aldosteron: Hormon, das die Nieren anregt, Natrium zurückzuhalten und Kalium auszuscheiden. Dies führt zu Wassereinlagerungen und einer Zunahme des Blutvolumens, wodurch der Blutdruck steigt.
4. Barorezeptoren (Druckmessung)
Lokalisation und Funktion: Diese spezialisierten Nervenzellen befinden sich in der Aorta und den Halsschlagadern und reagieren auf die Dehnung der Gefäßwände.
Regulation: Bei erhöhtem Blutdruck senden Barorezeptoren Signale an das Gehirn (insbesondere an das Kreislaufzentrum im Hirnstamm), das seinerseits die Herzfrequenz und den Gefäßtonus anpasst, um den Blutdruck zu senken.
5. Autonomes Nervensystem
Sympathikus: Wird stimuliert durch Stress oder körperliche Aktivität, erhöht die Herzfrequenz und bewirkt eine Gefäßverengung, wodurch der Blutdruck steigt.
Adrenalin und Noradrenalin: Diese Stresshormone des Sympathikus, die von den Nebennieren ausgeschüttet werden, erhöhen die Herzfrequenz und den Gefäßtonus, wodurch der Blutdruck steigt.
Parasympathikus: Senkt die Herzfrequenz und fördert die Gefäßerweiterung, was den Blutdruck senkt.
Wann spricht man von hohem Blutdruck durch innere Anspannung?
Stressbedingter Bluthochdruck ist eine Form des Bluthochdrucks, der durch eine erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensystems verursacht wird. Der Blutdruck ist höher als normal, weil der Körper auf Stress oder Anspannung reagiert. Die Blutgefäße verengen sich und das Herz pumpt stärker, wodurch der Blutdruck steigt. Es handelt sich also nicht um eine Störung oder Erkrankung eines Organs, sondern um eine Fehlfunktion. [4]
Der Auslöser wird vom Körper als so schwerwiegend eingestuft, dass er die "Fight-or-Flight"-Reaktion (kämpfen oder fliehen) auslöst, indem er die Neurotransmitter Adrenalin und Noradrenalin ausschüttet. Das bereitet den Körper auf die bevorstehende Belastung vor. Neben Bluthochdruck kommt es zu erhöhtem Puls, beschleunigter Atmung, gehemmter Verdauung und veränderter Energieversorgung der Zellen. [5]
Wie viele Menschen sind von hohem Blutdruck durch Stress betroffen?
Über die Zahl der Menschen, die ausschließlich an hohem Blutdruck durch Stress und nicht an einer anderen Form leiden, liegen keine genauen Angaben vor. Die Übergänge sind sicherlich fließend, und ein nur sporadisch auftretender, stressbedingter Bluthochdruck kann sich langfristig zu einem dauerhaft erhöhten Blutdruck entwickeln. Rund 30 Prozent der Deutschen zwischen 18 und 79 Jahren leiden an Bluthochdruck. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. [6]
Warum ist nervlicher Bluthochdruck gefährlich?
Die akute Gefahr, die von vorübergehendem und wieder abflauendem Bluthochdruck durch Stress und Angst ausgeht, besteht darin, dass durch den plötzlich sehr hohen Blutdruck festsitzende Blutgerinnsel gelöst und mit dem Blutstrom fortgeschwemmt werden. Herzinfarkt und Schlaganfall können die Folge sein. [7]
Auch abklingende Episoden von Bluthochdruck führen bei wiederholtem Auftreten zu Folgeschäden:
Die Gefäßverengung führt zu einer mechanischen Überlastung der Gefäßwände. Diese Schädigungen begünstigen die Entstehung von Arteriosklerose, da sich Lipide und Zellen in den geschädigten Bereichen ablagern. Die Arteriosklerose führt zu einem dauerhaft erhöhten Blutdruck und damit zu einer starken Belastung des Herzens, der Lunge und aller anderen inneren Organe. [8]
Was sind die Auslöser psychisch bedingten Bluthochdrucks?
Auslöser sind immer Situationen, die auch bei Nichtbetroffenen Stress oder Druck auslösen würden.
Ein Streit in der Familie oder mit Kollegen, Zeitdruck, brenzlige Situationen im Straßenverkehr, akute Sorge um das eigene Wohlergehen oder das von anderen usw. [2]
Die pathologische Komponente besteht darin, dass die Reaktion des vegetativen Nervensystems zu stark ist und nicht angemessen abklingt.
Was sind die stressbedingter-Bluthochdruck-Symptome?
Bluthochdruck macht sich auch körperlich bemerkbar.
Das Gesicht kann gerötet sein, der Puls beschleunigt sich, man fühlt sich gehetzt, aufgeregt und nervös. Die innere Unruhe bei hohem Blutdruck ist oft so stark erhöht, dass sie das Schlafen beeinträchtigen kann. Kopfschmerzen, Schwindel oder Übelkeit können als Folge des erhöhten Blutdrucks auftreten. [2]
In einigen Fällen kann ein Blutgefäß in der Nase platzen und es kommt zu Nasenbluten. [2]
Diagnose des nervlichen Bluthochdrucks
Wurde Bluthochdruck diagnostiziert, versucht der behandelnde Arzt oder die Ärztin, die Ursache herauszufinden. Dabei orientiert er oder sie sich an Leitlinien, die zur Absicherung der Diagnose erstellt wurden. [9] Es wird daher auch bei Verdacht auf stressbedingte Hypertonie mit einer vollständigen Untersuchung vorgegangen:
- Ausführliche Erhebung der Krankengeschichte des Patienten, einschließlich Bluthochdruck in der Familie.
- Ermittlung von Stressfaktoren, Körpergewicht, Lebensgewohnheiten (z. B. Rauchen, Alkohol, Ernährung, Sport) und beruflichen oder familiären Belastungen.
- 24-Stunden-Blutdruckmessung: Die Langzeit-Blutdruckmessung hilft, Schwankungen des Blutdrucks zu überwachen und Zusammenhänge mit Stresssituationen oder bestimmten Tageszeiten zu erfassen.
- Bei der Langzeit-Blutdruckmessung kann gleichzeitig die Herzfrequenzvariabilität (HRV) gemessen werden. Dabei wird der zeitliche Abstand zwischen zwei Herzschlägen bestimmt. Ist der Körper in der Lage, diese Zeitspanne schnell an besondere Umstände anzupassen, gilt dies als Zeichen dafür, dass das vegetative Nervensystem gut funktioniert. Sind die Abstände jedoch immer etwa gleich lang (die Variabilität also gering), deutet dies auf chronischen Stress hin. [10]
- Ausschluss anderer Ursachen des Bluthochdrucks, wie Nierenerkrankungen oder Hormonstörungen (z.B. Schilddrüsenerkrankungen, Nebennierenerkrankungen) durch Blut- und Urintests.
- Ein EKG kann helfen, eine Belastung des Herzens zu erkennen, die auf einen langfristigen Bluthochdruck hinweisen könnte.
Bestätigt sich der Verdacht auf plötzliche Blutdruckspitzen oder auf einen Zusammenhang mit Stresssituationen, wird die Ärztin oder der Arzt gemeinsam mit dem Patienten versuchen, den Zusammenhang genauer zu verstehen. Hierfür stehen psychologische Fragebögen zur Verfügung, aber auch die Möglichkeit, den Körper gezielt Stressoren auszusetzen und den Blutdruck bei dieser Belastung zu überwachen, um Daten zu sammeln. [11]
Behandlung und Management vom Blutdruck bei Stress
Stressbedingter Bluthochdruck lässt sich am besten behandeln, indem die Betroffenen lernen, mit stressauslösenden Lebenssituationen gelassener umzugehen. Dazu gibt es verschiedene Ansätze.
Zum einen kann eine Psychotherapie helfen, als besonders belastend empfundene Lebenssituationen zu bewältigen, zum anderen können achtsamkeitsbasierte Verfahren wie Meditation oder Yoga helfen, die Aufregung zu senken. [8]
Das vegetative Nervensystem kann aber auch durch Lebensumstände geschädigt werden. Dazu gehören Übergewicht [4] und Bewegungsmangel, Rauchen und Alkoholmissbrauch. Daher sollte das Körpergewicht im Normalbereich liegen, regelmäßig Sport getrieben und insgesamt auf eine gesunde Ernährung und Lebensweise geachtet werden. [12]
Medikamente gegen nervlichen Bluthochdruck
Eine generelle Blutdrucksenkung kann bei stressbedingtem Bluthochdruck erforderlich sein, wenn der Blutdruck auch in Ruhe über 140/90 liegt oder er nachts nicht absinkt. [7] Hierfür stehen zahlreiche Medikamente zur Verfügung. Einige sind weniger geeignet, da sie auch das vegetative Nervensystem anregen können. Der behandelnde Arzt oder die Ärztin weiß am besten darüber Bescheid und auch die Online-Apotheke in Deutschland kann hier beraten. [11]
Nur in sehr schweren Fällen wird das Nervensystem selbst behandelt. [4]
Schlussfolgerung
Für den Arzt oder die Ärztin ist es nicht einfach herauszufinden, was genau den Blutdruck erhöht. Neben Veranlagung, Übergewicht und Nierenerkrankungen spielt auch das vegetative Nervensystem eine entscheidende Rolle. All diese Faktoren sind jedoch meist miteinander verwoben, so dass es schwierig ist, einen Faktor isoliert auszuschalten.
Bei nervös bedingten Blutdruckspitzen haben sich jedoch Verbesserungen des Lebensstils bewährt, mit denen der Betroffene gute Chancen hat, den Blutdruck bei Aufregung zu senken, Langzeitschäden zu vermeiden und durch ein entspannteres Leben die Lebensqualität zu verbessern.
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Quellen
[1] Definition und Epidemiologie. NVL Nationale Versorgungsleitlinien. https://www.leitlinien.de/themen/hypertonie/version-1/kapitel-1
[2] Stawowy, P. Bluthochdruck. Deutsches Herzzentrum der Charité. https://www.dhzc.charite.de/ratgeber/bluthochdruck/
[4] DeLalio LJ, Sved AF, Stocker SD. Sympathetic Nervous System Contributions to Hypertension: Updates and Therapeutic Relevance. Can J Cardiol. 2020;36(5):712-720. doi:10.1016/j.cjca.2020.03.003.
[5] Stress effects on the body. American Psychologi cal Association. 08.03.2023. https://www.apa.org/topics/stress/body
[6] Diederichs, Claudia; Neuhauser, Hannelore. Regional variations in hypertension prevalence and management in Germany: results from the German Health Interview and Examination Survey (DEGS1). Journal of Hypertension 32(7):p 1405-1414, July 2014. https://journals.lww.com/jhypertension/abstract/2014/07000/regional_variations_in_hypertension_prevalence_and.10.aspx
[7] Schunkert, H. Blutdruckschwankungen: Was ist die Ursache?. 28.06.2024. Deutsche Herzstiftung. https://herzstiftung.de/ihre-herzgesundheit/gesund-bleiben/bluthochdruck/blutdruckschwankungen
[8] Mancia, G., Grassi, G., Dominiczak, A. F., Tsioufis, C., & Agabiti Rosei, E. (2020). Manual of Hypertension of the European Society of Hypertension. Taylor & Francis Group. https://www.google.de/books/edition/Manual_of_Hypertension_of_the_European_S/egWcDwAAQBAJ?hl=de&gbpv=0
[3] Nocciolino, M. Regulation of Blood Pressure. Geeky Medics. 18.09.2024. https://geekymedics.com/regulation-of-blood-pressure/
[9] Nationale Versorgungsleitlinie Hypertonie (2023). NVL Nationale Versorgungsleitlinien. 29.06.2023. https://www.leitlinien.de/themen/hypertonie
[10] Shaffer F, Ginsberg JP. An Overview of Heart Rate Variability Metrics and Norms. Front Public Health. 2017;5:258. Published 2017 Sep 28. doi:10.3389/fpubh.2017.00258.
[11] Larkin, K. T. (2005). Stress and hypertension: Examining the relation between psychological stress and high blood pressure. Yale University Press. https://www.google.de/books/edition/Stress_and_Hypertension/a1pD0OwcgToC?hl=de&gbpv=0
[12] Exercise cuts heart disease risk in part by lowering stress, study finds. 17.04.2024. https://news.harvard.edu/gazette/story/2024/04/exercise-cuts-heart-disease-risk-in-part-by-lowering-stress-study-finds/