Death-Grip-Syndrom bei Männern erklärt
Das „Death-Grip-Syndrom“ ist ein noch nicht offiziell anerkannter medizinischer Begriff, der vor allem Männern bekannt ist, die mit einer verzögerten Ejakulation oder Orgasmusstörungen beim Sex zu kämpfen haben. Obwohl es sich dabei nicht um eine Krankheit handelt, hat das Death-Grip-Syndrom tatsächliche Auswirkungen auf die sexuelle Gesundheit von Männern.
Was ist das Death-Grip-Syndrom?
Der „Todesgriff“ ist eine Technik oder Gewohnheit beim Masturbieren, bei der wiederholt starker Druck auf den Penis ausgeübt wird. Dies führt oft dazu, dass der Penis weniger empfindlich wird, sodass zwischenmenschliche sexuelle Interaktionen nicht mehr ausreichen, um einen Orgasmus zu bekommen. Das kann zu echten Orgasmusproblemen beim Mann und ausbleibender Ejakulation führen [1].
Meistens kann die besonders intensive Stimulation mit einem/r PartnerIn nicht nachgeahmt werden. Mit der Zeit können Männer, die davon betroffen sind, beim Geschlechtsverkehr oder Oralsex nicht mehr ejakulieren. Für viele ist das echt frustrierend und führt zu emotionaler Distanz. So erfüllt das Death-Grip-Syndrom alle Kriterien einer Orgasmusstörung. Es ist genauso belastend und verwirrend wie vorzeitige Ejakulation oder Erektionsstörungen, wird aber oft nicht angesprochen.
Ein ähnliches Phänomen gibt es auch bei Frauen. Es ist informell als „Dead-Vagina-Syndrome” bekannt und bezieht sich auf einen Verlust der Empfindsamkeit aufgrund von Überstimulation durch den gewohnheitsmäßigen Gebrauch von Vibratoren.
Was verursacht das Death-Grip-Syndrom?
Für das Death-Grip-Syndrom gibt es keine wirklich bekannte Ursache. Tatsächlich ist über seine Ursachen wenig bekannt, da es noch nicht als Krankheit anerkannt ist und es zu diesem Thema bisher nicht genug Forschung gibt. Stattdessen gibt es mehrere Faktoren, die zusammen das Belohnungssystem des Gehirns verändern können. Wenn das passiert, können echte sexuelle Erlebnisse weniger befriedigend sein und manchmal dazu führen, dass kein Gefühl im Penis oder kein Gefühl beim Sex verspürt wird.
Die psychologischen und Verhaltensmuster, die zu seiner Entwicklung beitragen, sind:
- Aggressive oder mit hohem Druck ausgeübte Masturbation
Ein starker und fester Griff erzeugt eine intensive Stimulation, die die Nerven mit der Zeit abstumpft (zu einem tauben Penis) [2].
- Häufige Masturbation
Zu häufiges „Solo-Vergnügen” auf die gleiche Weise (täglich oder mehrmals täglich) kann das Nervensystem überreizen [3].
- Starker Konsum von Pornos
Pornos und heftige Masturbation sind gemeinsam ein starker mentaler Reiz. Im Vergleich dazu wirkt der echte Sex eher langweilig, sodass dann kein Orgasmus des Mannes passiert [4].
- Mangel an Abwechslung oder Intimität
Mechanische Wiederholung und emotionale Distanz beim Sex können das Problem noch verschlimmern.
- Stress oder psychischer Druck
Angst vor der eigenen Leistung oder dem eigenen Körperbild kann zu Orgasmusproblemen und anderen sexuellen Problemen des Mannes beitragen.
Was sind die Symptome des Death-Grip-Syndroms?
Obwohl die Erkrankung nicht offiziell (medizinisch) klassifiziert ist, gehören zu den am häufigsten berichteten Symptomen [5]:
- Verzögerte Ejakulation oder Unfähigkeit, beim Sex mit einem Partner zum Höhepunkt zu kommen
- Einen tauben Penis haben oder Verlust der Lustempfindung
- Kein empfundenes Gefühl beim Sex (auch bei körperlicher Erregung)
- Abhängigkeit von starker, gewaltsamer Selbststimulation, um zum Orgasmus zu kommen
- Stärkere Befriedigung mit der Hand als beim echten zwischenmenschlichen Sex
- Schwierigkeiten, die Erregung mit einem/r PartnerIn aufrechtzuerhalten
- Angst, emotionale Frustration oder Scham sind stark mit der sexuellen Leistungsfähigkeit verbunden.
Warum ist „Death Grip” kein medizinischer Begriff?
Das Diagnostische und Statistische Handbuch Psychischer Störungen (DSM) oder die ICD-11 (Internationale Klassifikation der Krankheiten) erwähnen das „Death Grip Syndrome” nicht. Es handelt sich also nicht um eine anerkannte medizinische Diagnose, aber das Phänomen wird in Online-Communities viel diskutiert.
Viele der Symptome passen zu klinisch definierten Zuständen wie:
- Verzögerte Ejakulation
- Sensorische Desensibilisierung
- Situationsbezogene Orgasmusstörung beim Mann
Deshalb behandeln viele ÄrztInnen das Problem in breiteren Kategorien und verwenden den Begriff „Death Grip Syndrome“ nicht.
Wie kann man das Death-Grip-Syndrom behandeln?
Hier sind ein paar Strategien, um das Death-Grip-Syndrom zu behandeln und die sexuelle Empfindlichkeit und Funktion wiederherzustellen:
- Es mit der Masturbation ruhiger angehen
Man sollte einen festen Griff und hastiges Vorgehen durch langsamere, sanftere Techniken ersetzen. Das Erlebnis wird somit dem Sex mit einem/r PartnerIn ähnlicher sein und könnte helfen, eine Überstimulation zu reduzieren.
- Neue Techniken ausprobieren
Die Gewohnheiten, an die sich das Gehirn und der Körper gewöhnt haben, sollten geändert werden. Man kann verschiedene Stellungen und Rhythmen ausprobieren oder sich mit der nicht-dominanten Hand stimulieren. Das kann das persönliche Nervensystem umtrainieren und die Empfindlichkeit (und Anpassungsfähigkeit) zurückbringen.
- Eine Pause von Pornos machen
Pornos machen die normalen Erregungssignale unempfindlich. Wenn man komplett auf Pornos verzichtet, kann sich das Gehirn schnell zurücksetzen und man wird die Intimität im echten Leben wieder mehr schätzen.
- Sich beim Sex auf die emotionale Verbindung konzentrieren
Emotionale Intimität ist für ein besseres sexuelles Erlebnis unbezahlbar. Das Beste an Intimität ist, dass man sie durch Vertrauen, Kommunikation und Vorspiel aufbauen kann. All das verlangsamt das Tempo, verringert Leistungsangst, verbessert die Reaktionsfähigkeit, verstärkt die Erregung und macht den Geschlechtsverkehr befriedigender.
- Sich Hilfe von einem/r Therapeuten/in holen
Wenn weiterhin kein Orgasmus des Mannes möglich ist oder er kein Gefühl im Penis hat, könnte eine Therapie die beste Option sein. Die Zusammenarbeit mit einem Sexualtherapeuten oder Berater kann unglaublich hilfreich sein. Eine Therapie kann tiefere emotionale Blockaden aufdecken, Ängste abbauen und einem Werkzeuge an die Hand geben, um das persönliche sexuelle Selbstvertrauen wieder aufzubauen.
Wann sollte man eine/n Arzt/Ärztin aufsuchen?
Viele Männer schweigen, wenn sie Orgasmusprobleme haben. Manchmal sehen sie es als Vorteil an, dass sie länger im Bett durchhalten können.
Das ist falsch, vor allem, wenn manche Probleme ärztliche Hilfe brauchen. Ein/e Urologe/in kann zum Beispiel körperliche Ursachen wie hormonelle Probleme oder Nervenschäden ausschließen. Ein/e SexualtherapeutIn kann sich mit psychologischen und Verhaltensmustern befassen.
Wann sollte man professionelle Hilfe in Anspruch nehmen?
- Anhaltende Orgasmusprobleme, die sich nicht bessern
- Ständig kein Gefühl beim Sex oder einen gefühlten tauben Penis
- Sexuelle Schwierigkeiten beeinträchtigen die Beziehung, das Selbstwertgefühl oder auch die psychische Gesundheit
- Leistungsangst und Frustration führen dazu, dass man Intimität vermeidet
- Man möchte seine Gewohnheiten ändern, weiß aber nicht, wie man das sicher und effektiv anstellen kann
Fazit
Das Death-Grip-Syndrom ist ein immer häufiger auftretendes Problem bei Männern, obwohl es medizinisch nicht wirklich anerkannt ist. Man sollte jedoch wissen, dass man hier nicht allein ist, wenn es keinen Orgasmus des Mannes gibt, man verminderte Empfindsamkeit hat oder unter einer überwältigend höheren Befriedigung mit der Hand im Vergleich zu echter Intimität leidet.
Zum Glück gibt es Möglichkeiten, das zu ändern, z. B. eine Pause von überstimulierenden Gewohnheiten, neue sexuelle Techniken ausprobieren und sich auf eine echte emotionale Verbindung konzentrieren.
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Quellen
[1] Can, U., Kafkasli, A., Coskun, A., Canakci, C., Dincer, E., Tuncer, M., & Karatas, B. (2023). Traumatic masturbation and erectile dysfunction: A matched case-control study. International journal of urology : official journal of the Japanese Urological Association, 30(12), 1134–1140. https://doi.org/10.1111/iju.15279
[2] Gul, M., Towe, M., Yafi, F. A., & Serefoglu, E. C. (2020). Hard flaccid syndrome: initial report of four cases. International journal of impotence research, 32(2), 176–179. https://doi.org/10.1038/s41443-019-0133-z
[3] Pozza, D., Pozza, M., Mosca, A., & Pozza, C. (2022). Cyber pornography use and masturbation outburst. Considerations on 150 italian patients complaining erectile dysfunction and trying to solve it. Archivio italiano di urologia, andrologia : organo ufficiale [di] Societa italiana di ecografia urologica e nefrologica, 94(2), 228–231. https://doi.org/10.4081/aiua.2022.2.228
[4] Begovic, H. (2019). Pornography induced erectile dysfunction among young men. Dignity: A Journal on Sexual Exploitation and Violence, 4(1), Article 5. https://digitalcommons.uri.edu/dignity/vol4/iss1/5/
[5] Kafkasli, A., Yazici, O., Can, U., Coskun, A., Boz, M. Y., Karatas, B., & Kece, C. (2021). Traumatic masturbation syndrome may be an important cause of erectile dysfunction in premature ejaculation patients. Andrologia, 53(9), e14168. https://doi.org/10.1111/and.14168