Gewichtszunahme durch hormonelles Ungleichgewicht: Ursachen und Lösungen

Ein übergewichtiges Mädchen

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Was ist der Hormonhaushalt?

Der Hormonhaushalt ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Drüsen und Hormone, die in ihrer Gesamtheit für die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen verantwortlich sind. Die wichtigsten Drüsen sind die Schilddrüse, die Bauchspeicheldrüse, die Nebenniere, die Keimdrüsen (Eierstöcke bei Frauen und Hoden bei Männern) und die Fettzellen. 


Der menschliche Körper hat verschiedene Hormone und Mechanismen entwickelt, um die Nährstoffaufnahme und den Energiehaushalt genau zu steuern, um den optimalen Körperfettanteil zu erhalten. Es ist wichtig, dass der Körper sowohl Zeiten des Überflusses als auch Zeiten des Mangels gut bewältigen kann.


Hormone arbeiten daher zusammen, um auf kurzfristige Bedürfnisse (z.B. Hunger und Sättigung) und auf langfristige Veränderungen (z.B. durch Fettreserven) zu reagieren. So kann aber der Stoffwechsel über die Hormone auch zu einer Gewichtszunahme führen. 

Hormone, die zu hormonell bedingtem Übergewicht führen können

1. Leptin

Eines der wichtigsten Hormone ist Leptin. Es wird in den Fettzellen produziert und sendet Signale an das Gehirn, dass genügend Energie gespeichert ist. Steigt der Leptinspiegel, sinkt normalerweise der Appetit und der Körper verbraucht mehr Energie. Sinkt der Leptinspiegel jedoch - zum Beispiel beim Abnehmen oder Fasten - steigt der Appetit, um die Energiereserven wieder aufzufüllen. [1]


2. Ghrelin

Ghrelin wird im Magen produziert und steigert den Appetit. Ist der Magen leer, steigt der Ghrelinspiegel an und signalisiert dem Gehirn Hunger. Sobald wir essen, sinkt der Ghrelinspiegel wieder. [2


3. Insulin

Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse produziert und reguliert den Blutzuckerspiegel, indem es dafür sorgt, dass Glukose aus dem Blut in die Zellen aufgenommen wird. Insulin fördert auch die Fettspeicherung. Ist der Insulinspiegel häufig erhöht, zum Beispiel durch eine Ernährung mit viel Zucker und einfachen Kohlenhydraten, lagert der Körper mehr Fett ein. Gleichzeitig hemmt ein hoher Insulinspiegel den Abbau des gespeicherten Fetts. Diabetes ist die häufigste Hormonstörung, die zu Gewichtszunahme führt.[3]


4. Kortisol

Auch das Stresshormon Kortisol kann das Gewicht beeinflussen. Bei anhaltendem Stress wird vermehrt Kortisol ausgeschüttet, was den Appetit, insbesondere auf kalorienreiche Nahrung, steigert. Gleichzeitig fördert Kortisol die Fettspeicherung, vor allem im Bauchbereich. [4]


5. GLP-1

GLP-1 (Glucagon-like Peptide-1) ist ein weiteres Hormon, das in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erhalten hat. Es wird vor allem nach einer Mahlzeit im Darm freigesetzt und trägt zur Regulierung des Blutzuckerspiegels und des Appetits bei. GLP-1 fördert die Insulinausschüttung und hemmt gleichzeitig die Freisetzung von Glukagon, dem Gegenspieler des Insulins. Außerdem verlangsamt es die Magenentleerung, wodurch das Sättigungsgefühl länger anhält. [5]


6. Östrogen

Östrogen beeinflusst bei Frauen nicht nur die Entwicklung der Geschlechtsmerkmale und den Menstruationszyklus, sondern auch das Körpergewicht. Insbesondere in den Wechseljahren, wenn der Östrogenspiegel sinkt, neigen Frauen zu einer Gewichtszunahme, da sich der Stoffwechsel verlangsamt und sich die Fettverteilung verändert. [6] Auch eine Östrogendominanz, d.h. ein Verhältnis von zu viel Östrogen im Vergleich zu anderen Hormonen wie z.B. Progesteron, kann zu einer Gewichtszunahme führen, insbesondere im Bereich der Hüften und Oberschenkel. [7]


7. Testosteron

Ein gestörter Testosteronhaushalt kann bei Frauen auch zu einer Gewichtszunahme führen. Zu wenig Testosteron kann den Muskelaufbau beeinträchtigen und die Stoffwechselrate senken, während zu viel Testosteron bei der Frau zu einer Gewichtszunahme mit einer vermehrten Fettansammlung, insbesondere im Bauchbereich, führen kann. Dies ist eine häufige Begleiterscheinung des PCOS. [8]

Symptome einer Hormonstörung bei Gewichtszunahme

Ein Mädchen mit Heißhungerattacken

Eine hormonelle Gewichtszunahme kann sich durch verschiedene Symptome bemerkbar machen. Diese Symptome sind oft vielfältig und betreffen nicht nur das Gewicht, sondern auch andere Bereiche des Körpers und des Wohlbefindens. 


1. Unerklärliche Gewichtszunahme: Eine der offensichtlichsten Folgen eines hormonellen Ungleichgewichts trotz gesunder Ernährung und regelmäßiger Bewegung.


2. Veränderungen der Fettverteilung: Bestimmte Hormone können bei Fettleibigkeit dazu führen, dass sich das Fett in bestimmten Körperregionen ansammelt. So führt ein erhöhter Kortisol- oder Testosteronspiegel häufig zu einer vermehrten Fettansammlung im Bauchbereich, während eine Östrogendominanz zu einer vermehrten Fettablagerung an Hüften und Oberschenkeln führt. [4, 6]


3. Ständiger Hunger oder Heißhungerattacken: Ein gestörter Ghrelinspiegel kann zu einem verstärkten Hungergefühl führen, das auch nach dem Essen anhält. Gleichzeitig kann ein Ungleichgewicht von Leptin dazu führen, dass das Sättigungsgefühl nicht richtig wahrgenommen wird, was zu Heißhungerattacken und übermäßiger Kalorienaufnahme führt. [1


4. Schwankungen des Blutzuckerspiegels: insbesondere aufgrund einer erhöhten Insulinsekretion. Dies äußert sich häufig in Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Erschöpfung, insbesondere nach kohlenhydratreichen Mahlzeiten. Auch ein niedriger Testosteronspiegel kann zu einem verminderten Energieniveau beitragen. [9]


5. Stimmungsschwankungen und Stressanfälligkeit: Veränderungen der Hormone der Frau führen nicht nur zu Übergewicht, sondern beeinflussen auch die Stimmung. Ein dauerhaft erhöhter Kortisolspiegel kann zu erhöhter Stressanfälligkeit, Angstzuständen und sogar Depressionen führen, was sich indirekt auch negativ auf das Essverhalten auswirken kann. [10] Ein Ungleichgewicht des Östrogenspiegels, wie es häufig in den Wechseljahren auftritt, kann ebenfalls zu starken Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und depressiven Verstimmungen führen. [11


6. Schlafstörungen: Ein Ungleichgewicht von Hormonen wie Kortisol, Melatonin und Östrogen kann den Schlaf-Wach-Rhythmus stören. Ein erhöhter Kortisolspiegel führt vor allem zu Durchschlafstörungen, bei denen die Betroffenen gegen 2-3 Uhr plötzlich aufwachen und nicht wieder einschlafen können. [12] Niedrige Melatoninspiegel hingegen erschweren oft das Einschlafen selbst. [13] Schlafmangel kann wiederum das Risiko einer Gewichtszunahme erhöhen, da er die Produktion von Ghrelin und Leptin negativ beeinflusst. [14]


7. Ein Verlust an Muskelmasse bei Frauen: insbesondere aufgrund eines niedrigen Testosteronspiegels, der wiederum den Grundumsatz senkt. Weniger Muskelmasse bedeutet weniger Kalorienverbrauch im Ruhezustand, was bei dieser Hormonstörung zu einer Gewichtszunahme führen kann. [8]


8. Menstruationsstörungen: Bei Frauen können hormonelle Ungleichgewichte, insbesondere bei Östrogen, Progesteron und Testosteron, zu unregelmäßigen Menstruationszyklen oder zum Ausbleiben der Regel führen. Dies ist ein Hinweis auf ein hormonelles Ungleichgewicht. [15]


Die genannten Symptome können einzeln oder in Kombination auftreten und sind oft ein Hinweis darauf, dass eine ärztliche Abklärung notwendig ist.

Wie kann ein hormonelles Ungleichgewicht diagnostiziert werden?

Eine Ärztin misst den Bauch einer Frau

Die Diagnose von Hormonstörungen erfordert eine gründliche ärztliche Untersuchung, da viele verschiedene Faktoren eine Rolle spielen können. 


Endokrinologen spielen eine entscheidende Rolle bei der Diagnose und Behandlung von Hormonstörungen. Sie sind auf das Hormonsystem spezialisiert und können helfen, komplexe Zusammenhänge zu erkennen und individuelle Behandlungspläne zu entwickeln.


Zu den häufigsten Diagnosemethoden gehören Blutuntersuchungen, bei denen Hormone wie Schilddrüsenhormone, Insulin, Cortisol und Geschlechtshormone wie Östrogen und Testosteron gemessen werden. 


Einige hormonelle Ursachen sind dadurch relativ leicht zu erkennen. Zum Beispiel kann eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) leicht durch eine Blutuntersuchung diagnostiziert werden, da der sogenannte TSH-Spiegel erhöht ist. Auch erhöhte Kortisolwerte, die auf chronischen Stress oder das Cushing-Syndrom hinweisen, lassen sich leicht nachweisen. Insulinresistenz, ein Vorbote von Typ-2-Diabetes, kann ebenfalls durch Bluttests festgestellt werden.


Andere Hormonstörungen sind schwieriger zu diagnostizieren. So ist der Ghrelinspiegel im Blut oft schwer zu messen, da er stark schwankt und von vielen Faktoren beeinflusst wird. Auch bei Leptin kann die Diagnose komplex sein: Eine Leptinresistenz, die neuerdings als eine mögliche Ursache für Übergewicht vermutet wird, kann bisher nicht eindeutig diagnostiziert oder behandelt werden. [16

Praktische Tipps zum Umgang mit Gewichtszunahme durch Hormone

Ein gesunder Lebensstil kann dazu beitragen, den Hormonhaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen und damit die hormonell bedingte Gewichtszunahme zu reduzieren.

1. Ernährung

Eine Flasche Wasser und eine Lunchbox mit gesundem Essen

2. Körperliche Aktivität

3. Stressbewältigung

4. Schlafhygiene

5. Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente

6. Professionelle Unterstützung

Lesen Sie mehr:

Quellen

[1] Espinoza García AS, Martínez Moreno AG, Reyes Castillo Z. The role of ghrelin and leptin in feeding behavior: Genetic and molecular evidence. Endocrinol Diabetes Nutr (Engl Ed). 2021;68(9):654-663. doi:10.1016/j.endien.2020.10.009

[2] Ghrelin. Cleveland Clinic. 21.04.2022. https://my.clevelandclinic.org/health/body/22804-ghrelin 

[3] Cignarelli A, Genchi VA, Perrini S, Natalicchio A, Laviola L, Giorgino F. Insulin and Insulin Receptors in Adipose Tissue Development. Int J Mol Sci. 2019;20(3):759. Published 2019 Feb 11. doi:10.3390/ijms20030759

[4] Epel E, Lapidus R, McEwen B, Brownell K. Stress may add bite to appetite in women: a laboratory study of stress-induced cortisol and eating behavior. Psychoneuroendocrinology. 2001;26(1):37-49. doi:10.1016/s0306-4530(00)00035-4

[5] Shah M, Vella A. Effects of GLP-1 on appetite and weight. Rev Endocr Metab Disord. 2014;15(3):181-187. doi:10.1007/s11154-014-9289-5.  

[6] The reality of menopause weight gain. Mayo Clinic. 08.07.2023.  https://www.mayoclinic.org/healthy-lifestyle/womens-health/in-depth/menopause-weight-gain/art-20046058 

[7] Hormonelle Umstellung in den Wechseljahren. Frauenärzte im Netz. 18.05.2018. https://www.frauenaerzte-im-netz.de/koerper-sexualitaet/wechseljahre-klimakterium/hormonelle-umstellung-in-den-wechseljahren/ 

[8] Davis SR, Wahlin-Jacobsen S. Testosterone in women--the clinical significance. Lancet Diabetes Endocrinol. 2015;3(12):980-992. doi:10.1016/S2213-8587(15)00284-3

[9] Brutsaert, E. Hypoglykämie (Unterzuckerung). MSD Manual. Nov 2023. 

[10] Fiksdal A, Hanlin L, Kuras Y, et al. Associations between symptoms of depression and anxiety and cortisol responses to and recovery from acute stress. Psychoneuroendocrinology. 2019;102:44-52. doi:10.1016/j.psyneuen.2018.11.035

[11] Soares CN. Menopause and Mood: The Role of Estrogen in Midlife Depression and Beyond. Psychiatr Clin North Am. 2023;46(3):463-473. doi:10.1016/j.psc.2023.04.004

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[14] Taheri S, Lin L, Austin D, Young T, Mignot E. Short sleep duration is associated with reduced leptin, elevated ghrelin, and increased body mass index. PLoS Med. 2004;1(3):e62. doi:10.1371/journal.pmed.0010062

[15] Vigil P, Meléndez J, Petkovic G, Del Río JP. The importance of estradiol for body weight regulation in women. Front Endocrinol (Lausanne). 2022;13:951186. Published 2022 Nov 7. doi:10.3389/fendo.2022.951186

[16] Obradovic M, Sudar-Milovanovic E, Soskic S, et al. Leptin and Obesity: Role and Clinical Implication. Front Endocrinol (Lausanne). 2021;12:585887. Published 2021 May 18. doi:10.3389/fendo.2021.585887

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[23] Caffeine and Cortisol: How Your Daily Cup Impacts Stress Levels. NeuroLaunch. 18.08.2024. https://neurolaunch.com/does-caffeine-increase-cortisol 

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[27] Blue light has a dark side. Harvard Health Publishing. 24.07.2024. https://www.health.harvard.edu/staying-healthy/blue-light-has-a-dark-side 

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[29] Argano C, Mirarchi L, Amodeo S, Orlando V, Torres A, Corrao S. The Role of Vitamin D and Its Molecular Bases in Insulin Resistance, Diabetes, Metabolic Syndrome, and Cardiovascular Disease: State of the Art. Int J Mol Sci. 2023;24(20):15485. Published 2023 Oct 23. doi:10.3390/ijms242015485

[30] Lambrinoudaki, I., Armeni, E., Silionga, E. (2024). Hormone Replacement Therapy (And Other Options to Treat Menopausal Symptoms). In: Maas, A.H., Gerdts, E. (eds) Manual of Cardiovascular Disease in Women. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-031-65952-2_12  

[31] Thyroid Hormone Replacement Therapy. John Hopkins Medicine. https://www.hopkinsmedicine.org/health/treatment-tests-and-therapies/thyroid-hormone-replacement-therapy 

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