Kavaliersschmerzen: Ursachen, Symptome, Behandlung
In diesem Artikel befassen wir uns mit einem weit verbreiteten Phänomen, das oft als "Kavaliersschmerzen" bezeichnet wird und bei Männern aufgrund längerer sexueller Erregung ohne Ejakulation auftritt. Obwohl die Behandlung von Kavaliersschmerzen auf der Hand liegt, ist das Thema überraschend komplex, da diese Störung im Vergleich zu anderen häufigen Männerbeschwerden, wie die erektile Dysfunktion oder der vorzeitige Samenerguss noch kaum erforscht ist.
Was sind “Blue Balls” oder “Kavaliersschmerzen”?
"Kavaliersschmerzen” oder “Bräutigamsschmerzen” sind umgangssprachliche Begriffe, die zur Beschreibung des Nebenhodenhochdrucks verwendet werden kann und bezieht sich auf das Unbehagen oder Schmerzen in den Hoden durch Samenstau als Folge längerer sexueller Erregung ohne Ejakulation. Es handelt sich nicht um eine ernsthafte medizinische Erkrankung, kann jedoch für die Betroffenen unangenehm sein.
Wann treten "blaue Hoden" auf?
Im Englisch nennt man diesen Zustand “blaue Hoden” (“blue balls”), da er in einigen Fällen eine bläuliche Färbung in den Hoden verursachen, die auf den erhöhten Blutfluss und sauerstoffarmes Blut während der sexuellen Erregung zurückzuführen ist. Diese optische Veränderung ist jedoch nicht immer vorhanden oder erkennbar.
Eine Hodentorsion ist ein ernster medizinischer Notfall, der ebenso zu einer Blaufärbung des Hodensacks sowie zu starken Schmerzen und Schwellungen führen kann. Dieser Zustand tritt auf, wenn der Samenstrang, der den Hoden mit Blut versorgt, verdreht wird. Durch die Verdrehung des Samenstrangs wird die Blutzufuhr zum Hoden unterbrochen, was zu einer Ischämie (Sauerstoffmangel) des Gewebes und einer möglichen Schädigung oder dem Tod des Hodens führt, wenn er nicht sofort behandelt wird. [1]
Wie fühlt es sich an, Kavaliersschmerzen zu haben?
Männer, die Kavaliersschmerzen erleben, können verschiedene Empfindungen in ihren Hoden verspüren. Diese können von einem leichten Druckgefühl bis hin zu intensiven Schmerzen reichen. Im Folgenden werden einige der häufigsten Beschwerden beschrieben, die bei Kavaliersschmerzen auftreten können:
- Ziehender Schmerz: Einige Männer berichten von einem ziehenden Schmerz, der sich von den Hoden bis in den Leistenbereich ausbreitet. Dieser Schmerz kann sich verschlimmern, wenn die Hoden beim Gehen oder Sitzen gegen den Körper gedrückt werden.
- Schweregefühl: Ein Gefühl von Schwere oder Fülle kann in den Hoden auftreten, das durch den erhöhten Blutfluss und die Schwellung der Hoden verursacht wird. Dieses Gefühl kann bei längerer Erregung ohne Ejakulation zunehmen.
- Druckempfindlichkeit: Die Hoden können empfindlich auf Berührung oder Druck reagieren, was das Tragen enger Kleidung oder das Berühren der Hoden unangenehm machen kann.
- Unterleibsschmerzen durch Erregung: Bei manchen Männern können die Schmerzen über die Hoden hinausgehen und sich auf den unteren Bauchbereich ausbreiten. Dies kann zu Krämpfen, Unbehagen oder einem allgemeinen Gefühl von Unwohlsein führen.
- Übelkeit: Manche Betroffene schildern auch, dass die Kavaliersschmerzen Übelkeit verursacht haben. Das sind jedoch lediglich Anekdoten, die noch nicht wissenschaftlich belegt wurden. [2,3]
Ist es notwendig, einen Arzt/eine Ärztin aufzusuchen?
Obwohl blaue Hoden normalerweise keine ernsthafte medizinische Erkrankung darstellen, gibt es Situationen, in denen es ratsam ist, einen Arzt/eine Ärztin aufzusuchen: zum Beispiel, wenn:
- die Schmerzen sehr stark sind,
- länger als einige Stunden anhalten,
- oder von anderen Symptomen wie:
- Fieber,
- Schwellungen,
- Rötungen,
- ein Knoten oder eine Vergrößerung in einem der Hoden,
- Dumpfer Schmerz in der Leistengegend, oder
- Schmerzen im unteren Rücken begleitet werden.
Diese Symptome könnten auf eine Infektion, eine Verletzung, eine Hodenverdrehung oder eine andere zugrunde liegende Erkrankung wie Hodenkrebs hinweisen, die behandelt werden muss. [4]
Was tun bei Kavaliersschmerz?
Da Bräutigamsschmerzen eine natürliche Reaktion auf sexuelle Erregung ohne Ejakulation sind, gibt es eine offensichtliche "Heilung" für das Problem. Das Unbehagen lässt normalerweise nach, sobald eine Ejakulation erfolgt oder die Erregung nachlässt. Daher können die folgenden Schritte dazu beitragen, Kavaliersschmerzen zu vorbeugen.
Mit einer Ejakulation den „Samenstau“ bei Männern beenden
Die einfachste Lösung, um Kavaliersschmerzen zu behandeln, ist die Ejakulation, sei es durch Geschlechtsverkehr, Masturbation oder einen "feuchten Traum".
Da die Schmerzen meist durch einen Samenstau verursacht werden, soll eine natürliche Linderung durch Ejakulation gewährleistet werden. Die Ejakulation hilft, den Samenstau wegzubekommen, den Druck in den Hoden zu lindern und die Schmerzen zu verringern.
Wärme- oder Kälte-Exposition zur Linderung der Kavaliersschmerzen
Kühle Kompressen: Das Auflegen einer kalten Kompresse oder eines Eisbeutels, eingewickelt in ein Tuch, auf die Hoden kann als Hausmittel gegen Kavaliersschmerzen dienen, um Schwellungen zu reduzieren und Schmerzen zu lindern, unabhängig von der Ursache des Symptoms. Vermeiden Sie jedoch, das Eis direkt auf die Haut aufzutragen, um Erfrierungen zu vermeiden. [5]
Wärmflasche oder heiße Bäder: Eine Wärmflasche oder ein warmes Bad können helfen, die Muskulatur im Beckenbereich zu entspannen und das Unbehagen zu lindern. [6]
Rezeptfreie Medikamente bieten Hilfe bei Kavaliersschmerzen
In einigen Fällen können rezeptfreie Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen helfen, die Schmerzen bei Kavaliersschmerzen zu lindern. Es ist jedoch wichtig, die Anweisungen auf dem Beipackzettel zu befolgen und die empfohlene Dosierung nicht zu überschreiten.
Entspannungsübungen gegen „blue balls“
Yoga, Entspannungs- und Atemübungen können dazu beitragen, die sexuelle Erregung zu reduzieren und den Geist und Körper zu entspannen. Regelmäßige Meditation kann auch helfen, Stress abzubauen, der zu Kavaliersschmerzen beitragen kann. [7]
Können Massagen helfen?
Es gibt keine Belege dafür, dass eine Massage der Hoden oder des Leistenbereichs die Muskulatur entspannen oder die Schmerzen lindern kann. Bei Männern, die Kavaliersschmerzen nach einer Vasektomie hatten, haben sich Massagen als wirkungslos erwiesen. [8]
Sind Kavaliersschmerzen gefährlich?
Kavaliersschmerzen sind in der Regel harmlos und stellen keine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit dar. Die Schmerzen sind in der Regel vorübergehend und klingen ab, sobald die sexuelle Erregung nachlässt oder eine Ejakulation stattfindet. In seltenen Fällen können Kavaliersschmerzen jedoch auf eine zugrunde liegende Erkrankung oder ein medizinisches Problem hinweisen. Wenn die Schmerzen sehr stark sind, länger als einige Stunden anhalten oder von anderen Symptomen begleitet werden, sollten Sie einen Arzt/eine Ärztin aufsuchen. [9]
Was passiert, wenn ich Kavaliersschmerzen nicht wegbekomme?
In den meisten Fällen verschwinden Kavaliersschmerzen innerhalb weniger Stunden oder nach einer Ejakulation. Wenn die Kavaliersschmerzen über Tage nicht weggehen, sollten Sie einen Arzt/eine Ärztin aufsuchen, um sicherzustellen, dass keine zugrunde liegende Erkrankung oder ein medizinisches Problem vorliegt. Länger anhaltende Schmerzen können auf eine Infektion, eine Verletzung oder eine Störung des Blutflusses in den Hoden hinweisen, die eine Behandlung erfordern.
Wie lange können Kavaliersschmerzen anhalten?
Die Dauer von Kavaliersschmerzen variiert von Person zu Person und hängt von Faktoren wie der Dauer der Erregung und der individuellen Schmerztoleranz ab. In den meisten Fällen klingen die Schmerzen innerhalb weniger Stunden ab, insbesondere nach einer Ejakulation. In seltenen Fällen können die Schmerzen jedoch länger anhalten, und in solchen Situationen ist es ratsam, einen Arzt/eine Ärztin aufzusuchen. [10]
Häufig gestellte Fragen
Die folgenden Fragen werden von Betroffenen besonders häufig gestellt. Teilweise sind deren Antworten nicht gänzlich wissenschaftlich geklärt.
Können Potenzmittel Kavaliersschmerzen verursachen?
Potenzmittel wie PDE-5-Hemmer wirken, indem sie die Durchblutung im Genitalbereich erhöhen, um eine Erektion zu fördern. Obwohl es keine direkten Beweise dafür gibt, dass verschreibungspflichtige oder rezeptfreie Potenzmittel Kavaliersschmerzen verursachen, könnten sie theoretisch dazu beitragen, indem sie die Durchblutung erhöhen und somit das Risiko einer anhaltenden sexuellen Erregung ohne Ejakulation erhöhen. [11]
Gibt es Kavaliersschmerzen bei Frauen?
Obwohl Kavaliersschmerzen hauptsächlich bei Männern auftreten, können auch Frauen ähnliche Beschwerden erleben, die als "weibliche Kavaliersschmerzen" bezeichnet werden. Diese Beschwerden treten aufgrund einer anhaltenden sexuellen Erregung ohne Orgasmus auf und können Schmerzen, Druck oder ein Gefühl von Fülle in der Vagina und den Schamlippen verursachen. Wie bei Männern lassen die Schmerzen normalerweise nach, sobald die Erregung nachlässt oder ein Orgasmus erreicht wird. Die Maßnahmen, die betroffene Frauen ergreifen können, ähneln jenen der Männer. Neben das Erreichen eines Orgasmus kann auch die Wärme- oder Kältetherapie helfen. [12]
Sind Kavaliersschmerzen einseitig oder zweiseitig?
Kavaliersschmerzen sind in der Regel zweiseitig, da sie aufgrund der erhöhten Durchblutung des Genitalbereichs während der sexuellen Erregung entstehen. In den meisten Fällen sind beide Hoden von den Schmerzen oder dem Unbehagen betroffen. Es ist jedoch möglich, dass manche Menschen einseitige Schmerzen empfinden, abhängig von individuellen Unterschieden oder dem Blutfluss in den Hoden [13]
Führen Kavaliersschmerzen zu Erektionsstörungen oder verbessern Sie die Erektionsfähigkeit?
Kavaliersschmerzen führen nicht direkt zu Erektionsstörungen und können auch nicht die Potenz verbessern. Sie sind in der Regel ein temporärer Zustand, der auftritt, wenn eine sexuelle Erregung nicht durch Ejakulation oder Orgasmus abgebaut wird. Erektionsstörungen hingegen sind eine anhaltende Unfähigkeit, eine ausreichende Erektion für den Geschlechtsverkehr aufrechtzuerhalten oder zu erreichen. Wenn jedoch Schmerzen oder Beschwerden im Zusammenhang mit Kavaliersschmerzen psychischen Stress oder Angst verursachen, könnten sie indirekt die sexuelle Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. [14]
Ab wann kann man Kavaliersschmerzen bekommen?
Kavaliersschmerzen können in jedem Alter auftreten, sobald ein Mann sexuelle Reife erreicht hat und in der Lage ist, sexuelle Erregung und Erektionen zu erleben. Die Wahrscheinlichkeit, Kavaliersschmerzen zu bekommen, kann von Person zu Person variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa dem Grad der sexuellen Erregung, der Häufigkeit der Ejakulation und individuellen Unterschieden in der Durchblutung des Genitalbereichs. Eine Fallstudie berichtete über einen Betroffenen, der nur 14 Jahre alt war. [15]
Kann man mit Kavaliersschmerzen länger durchhalten?
Es ist nicht ratsam, diese Schmerzen absichtlich zu verlängern oder zu ignorieren, da sie zu psychischem Stress, Angst oder anderen negativen Folgen führen können. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Kavaliersschmerzen die Fähigkeit im Bett länger auszuhalten verbessern. Man sollte eher das Gegenteil vermuten: Wenn man lange nicht mehr ejakuliert hat, wird man beim nächsten Geschlechtsverkehr wahrscheinlich schneller zur Ejakulation kommen. [16]
Fazit: Kavaliersschmerzen sind kaum erforscht und dennoch behandelbar
Kavaliersschmerzen sind ein bekanntes Phänomen, das durch sexuelle Erregung ohne Ejakulation entsteht. Die Schmerzen und Beschwerden, die damit einhergehen, sind in der Regel harmlos und vorübergehend.
In den meisten Fällen verschwinden die Schmerzen nach einer Ejakulation oder wenn die Erregung nachlässt. Um Samenstau vorzubeugen, ist eine regelmäßige Ejakulation oder sexuelle Aktivität wichtig, da dies dazu beiträgt, überschüssiges Sperma aus dem Hoden abzubauen und die Gesundheit des Fortpflanzungssystems zu erhalten.
Neben der Ejakulation können auch Entspannungsübungen, Wärme- oder Kältetherapien sowie rezeptfreie Schmerzmittel die Beschwerden lindern. Diese Maßnahmen sind, genauso wie der Zustand selbst, leider noch relativ unerforscht.
Wenn die Schmerzen sehr stark sind, über einen längeren Zeitraum anhalten oder von anderen Symptomen begleitet werden, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen.
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