Vitamine, die die Potenz steigern sollen
Vitamine in Form von Nahrungsergänzungsmitteln kommen mit einer Vielzahl von Versprechen: Die einen stärken das Immunsystem, die anderen kurbeln die
Organfunktionen an, und wieder andere machen vage Versprechungen wie, dass sie den Organismus „revitalisieren“ und noch einmal andere behaupten, für bessere Erektionen sorgen zu können. Was ist denn dran an diesen Versprechen und können Nahrungsergänzungsprodukte wirklich all die Versprechen halten, die sie so freizügig abgeben?
Statistiken zur Verbreitung von Nahrungsergänzungsmitteln
Nahrungsergänzungsmittel sind in Deutschland extrem beliebt. Verschiedene Umfragen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Forsa beispielsweise kommt zu dem Schluss, dass im Zeitraum von November bis Dezember 2021 mehr als die Hälfte der Befragten Nahrungsergänzungsmittel zu sich nahmen. Die Statista Global Consumer Survey spricht sogar von 70 % [1] [2].
Klar ist hierbei allerdings, dass Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland definitiv ein Kassenschlager sind. Dafür sprechen auch die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Laut Destatis wurden in Deutschland im Jahr 2020 rund 180 200 Tonnen Nahrungsergänzungsmittel hergestellt, mit welchen ein Produktionswert von 1,1 Milliarden Euro erzielt wurde [3].
Nahrungsergänzungsmittel sind keine Medikamente
Das sollte erst einmal offensichtlich sein, jedoch sind Verpackungen von Nahrungsergänzungsmitteln häufig Medikamentenverpackungen sehr ähnlich. Das hat vor allem für die Hersteller Vorteile, da dadurch ein Gefühl der Seriosität vermittelt werden soll. Da Nahrungsergänzungsmittel aber als Lebensmittel eingestuft werden, werden deren Inhaltsstoffe nicht in gleichem Maß behördlich kontrolliert wie bei Arzneimitteln. Das kann mitunter schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen, wenn hierunter nicht deklarierte Inhaltsstoffe mit krebserregenden Inhaltsstoffen, unzulässigen Arzneistoffen oder gar Keime wie z. B. Salmonellen sind.
Gleichzeitig weisen Verbraucherzentralen und internationale Studien immer wieder daraufhin, dass durch eine ausgewogene Ernährung dem Körper bereits alle für die Gesundheit wichtigen Stoffe in ausreichender Menge zugeführt werden. Eine zusätzliche Zufuhr von Nahrungsergänzungsmitteln kann im Körper zu einer Übersättigung mit den eingenommenen Stoffen führen. Was wiederum, im Extremfall, negative gesundheitliche Folgen nach sich ziehen kann und im besten Fall lediglich keine gesundheitlichen Vorteile bringt [4].
Natürlich können Nahrungsergänzungsmittel in einigen Fällen tatsächlich die Gesundheit fördern. Das gilt allerdings vor allem für bestimmte Gruppen. Etwa Menschen, die an Laktoseintoleranz leiden und daher an Calciummangel haben. Für solche Gruppen sind Nahrungsergänzungsmittel auf jeden Fall eine Option für die Verbesserung der Gesundheit. Das sollte aber immer mit ärztlichem Fachpersonal abgesprochen werden und im Einzelfall entschieden werden, ob Nahrungsergänzungsmittel zu empfehlen sind.
Potenzmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Arzneimittel
Nahrungsergänzungsmittel, die als Potenzmittel verkauft werden und Arzneimittel enthalten kommen relativ häufig vor und sind nichts Seltenes. Da Nahrungsergänzungsmittel nicht als Arzneimittel verkauft werden, obliegt es den Herstellern, sicherzustellen, dass die freiverkäuflichen Produkte frei von unzulässigen Substanzen, etwa verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, sind. Die Behörden kontrollieren dies nicht. Es kommt daher immer wieder vor, dass auch in als „natürliche Potenzmittel“ verkauften Nahrungsergänzungsmitteln PDE-5-Hemmer gefunden werden. Viele dieser Produkte enthalten sogar mehr als die Maximaldosierung [5].
Die natürlichen Potenzmittel
Die meisten Nahrungsergänzungsmittel, die mit dem vagen Versprechen, Erektionen zu verbessern, verkauft werden, enthalten einen oder mehrere von elf Inhaltsstoffen. Obwohl die Studien, die die Wirkung dieser Inhaltsstoffe belegen sollen, meist von sehr niedriger wissenschaftlicher Qualität sind, sind die Produkte weiterhin sehr beliebt. Solange die Nahrungsergänzungsmittel keine Arzneimittel enthalten und auch sonst alle Inhaltsstoffe risikofrei eingenommen werden können, spricht wenig dagegen, sie trotzdem auszuprobieren. Immerhin gibt es immer noch den Placeboeffekt.
Wer regelmäßig Medikamente einnimmt, sollte auf jeden Fall auch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit dem behandelnden medizinischen Personal absprechen. Denn nicht selten treten gefährliche Wechselwirkungen auf.
Die amerikanische Fachzeitschrift „The journal of sexual medicine“ veröffentlichte 2015 eine Untersuchung, in der die in den USA meistverkauften Nahrungsergänzungsmittel, die mit einer Verbesserung der Potenz warben, untersucht wurden. Die Autoren nannten dabei elf Substanzen, die in den allermeisten Produkten zu finden waren:
- Ginseng
- Zink
- Horny Goat weed
- B Komplex Vitamine und Spurenelemente
- Bockshornklee
- L-Arginin
- Maca
- Dehydroepiandrosteron (DHEA)
- Ginkgo oder Ginko (-Samen)
- Yohimbin
Ob diese Substanzen wirklich gegen Erektionsstörungen helfen, ist bisher wissenschaftlich nicht belegt. [6]
Obwohl es keine schlüssigen Daten gibt, die die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln zur Behandlung von ED unterstützen, zeigen einige Untersuchungen, dass bestimmte Vitamine und pflanzliche Heilmittel die Symptome der Erektionsstörungen verbessern können. Die Benutzer könnten also von der Einnahme komplexer Nahrungsergänzungsmittel profitieren, die Zink, Vitamin B6, Buchshornklee-Extrakt, Extrakt aus Ginkgo-Biloba-Blättern und Ginseng-Wurzel-Extrakt in einer gut ausgearbeiteten Formel enthalten.
Neben diesen Substanzen gibt es auch nicht deklarierte Arzneimittel, die über eine angebliche Verbesserung von bestimmten Körperfunktionen, etwa der Durchblutung, ebenfalls bei Erektionen helfen sollen. Wie oben beschrieben, nehmen jedoch Menschen, die sich gesund und ausgewogen ernähren, alle wichtigen Stoffe bereits über natürliche potenzsteigernde Lebensmittel zu sich. Der Griff zu Nahrungsergänzungsmitteln ist dementsprechend für eine breite Mehrheit überflüssig. Im Zweifelsfall kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sogar gefährlich werden, wenn diese nicht deklarierten Substanzen enthalten oder mit anderen eingenommenen Medikamenten interagieren.
Quellen
[1] Statista, Mathias Brandt, 05.05.2021, “Nur 30 % nehmen keine Nahrungsergänzungsmittel“; https://de.statista.com/infografik/24797/umfrage-zum-konsum-von-nahrungsergaenzungsmitteln-in-deutschland/
[2] Forsa, 28.03.2022, „Nahrungsergänzungsmittel“; https://www.vzbv.de/sites/default/files/2022-03/21-12-20%20Charts_Befragung%20zu%20Nahrungserg%C3%A4nzungsmitteln_2021_QS-gepr%C3%BCft.pdf
[3] Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung 08.06.2021, „Nahrungsergänzungsmittel boomen: Produktion im Jahr 2020 um 11,0 % höher als im Vorjahr“; https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2021/PD21_23_p002.html
[4] Bundesregierung, 22.04.2022, „Auf die Dosis kommt es an“; https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/nahrungsergaenzungsmittel-2026876
[5] Ärztezeitung, Thomas Müller, 23.11.2015, „Natürliche Erektionshilfen haben’s in sich“; https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Natuerliche-Erektionshilfen-habens-in-sich-235628.html
[6] The journal of sexual medicine, Tao Cui et al., Vol. 12 Ausgabe 11, 01.01.2015, “A urologist’s guide to ingredients found in top-selling nutraceuticals men’s sexual health”; https://www.jsm.jsexmed.org/article/S1743-6095(15)34439-8/fulltext